Mittwoch, 29.02.2012
 
 
Sondernewsletter 02 – Kunst und Kultur in Israel
 



Was haben Ofra Haza, Efraim Kishon und der Film "Eis am Stiel" gemeinsam?

Alle drei kommen aus Israel und waren in ihrer Zeit äußerst erfolgreiche Repräsentanten der israelischen Kultur im Ausland.

Dass die israelische Kunst- und Kulturszene noch mehr zu bieten hat als ihre bekanntesten Exportschlager, zeigt dieser Newsletter, der einige Kultur-Sparten näher beleuchtet.



 
 
 
Bildende Kunst

„Die neuen Hebräer - 100 Jahre Kunst in Israel“ hieß 2005 eine Ausstellung des Jerusalemer Israel-Museums in Berlin. Die Ausstellung sah als Beginn der israelischen Bildenden Kunst die Gründung der Bezalel Akademie für Kunst- und Kunstgewerbe 1906 in Jerusalem, die auch heute noch die wichtigste Kunsthochschule in Israel ist.

Die Jahre 1906 bis 1930 werden daher auch als erster Abschnitt einer israelischen Kunstgeschichte angesehen. Zwar war die Kunst, die in jenen Jahren an der Bezalel-Akademie entstand, durch Jugendstil und auch das Arts and Crafts Movement geprägt, jedoch fällt vor allem die Verwendung jüdischer und religiöser Themen auf. Die Kunst stand ganz im Dienste des zionistischen Ideals und versuchte eine Verbindung zwischen der Zeit der Bibel und der Rückkehr nach Zion zu schaffen. Hierbei wurde auch ein als „orientalisch“ empfundener Stil verwendet, auch Typografien spielten eine große Rolle.

Bereits in den 1920er Jahren begannen einige der Schüler der Bezalel-Akademie, sich zu emanzipieren und prägten eine subjektivere Kunst, die als „eretzisraelischer Modernismus“ bezeichnet wurde. Ihr bedeutendster Vertreter ist Avraham Melnikov. Andere bekannte Namen sind Reuven Rubin und Nachum Gutman.


"Selbstbildnis" - Reuven Rubin (1924)

Die 1930er Jahre brachten viele Künstler aus Europa in das Mandatsgebiet Palästina. Die Kunst dieser Zeit ist vor allem von französischen und deutschen Einflüssen geprägt. Besonders stechen die Einflüsse des Bauhaus aber auch von Le Corbusier hervor.

Auch in den 1950er und 1960er Jahren war der europäische Einfluss auf die Kunst des jungen Staates deutlich spürbar. Einerseits wanderten weiterhin jüdische Künstler aus Europa nach Israel ein, andererseits studierten auch israelische Künstler in Europa und kehrten von dort mit neuen Ideen zurück. Die Kunst dieser Zeit zeichnet sich häufig durch avantgardistische Elemente aus, wie man sie in Europa schon früher gesehen hatte.

Grundsätzlich kann man in dieser Zeit von zwei verschiedenen Bewegungen sprechen – einerseits von einem universellen künstlerischen Anspruch, wie ihn etwa die Gruppe "Ofakim Chadaschim" vertrat und andererseits von einer häufig als "Regionalismus" bezeichneten Kunst, die sich selbst im Dienste des Staates und der zionistischen Bewegung sah.

Bis Ende der 1960er Jahre hielt sich die israelische Kunst bei der Beschäftigung mit den aktuellen politischen Themen zurück. Künstler, die sich zu jener Zeit mit gesellschaftlichen oder jüdischen Themen beschäftigten, wurden in den Augen des künstlerischen Establishments offen als anachronistisch angesehen.

Dies änderte sich mit dem Sechs-Tage- und dem Yom-Kippur-Krieg und einem stärkeren Einfluss amerikanischer Kunst. Beides ließ aktuelle Themen stärker in den Vordergrund rücken und führte zur Entstehung politischer Kunst, wie sie etwa der Künstler Yigal Tumarkin produziert.


"He walked through the Fields" - Yigal Tumarkin (1967)

Die 1970er Jahre sahen auch erste Formen der Aktions- und Konzeptkunst.

In den 1980er Jahren schließlich begann die israelische Kunst sich einem expressiven Malstil zuzuwenden und war häufig bemüht, die Grundfesten der israelischen Gesellschaft in Frage zu stellen. Protest war das große Thema der Kunst dieser Zeit. Auch hier waren politische Ereignisse wie der Libanon-Krieg 1982 und der Beginn der Intifada wichtige Auslöser.

Die 1990er Jahre brachten eine Öffnung hin zur Auseinandersetzung mit internationaler Kunst, was sich unter anderem durch eine Reihe von Gruppenausstellungen von israelischen und internationalen Künstlern ausdrückte.

Neue Ausdrucksformen entwickelten sich, so wurde durch digitale Schnitttechniken die Videokunst neu entdeckt. Gleichzeitig erhielt die Bildende Kunst auch in der Peripherie des Landes mehr Gewicht, indem Museen außerhalb der großen Städte Gegenwartskunst auszustellen begannen und viele neue Galerien entstanden.


"Ohne Titel" - Tsibi Geva (2005)

Heute zeichnet sich die israelische Kunst vor allem durch ihre Vielfalt aus. Israelische Künstler beschäftigen sich weiterhin viel mit der eigenen Gesellschaft und der politischen Situation, schauen jedoch auch viel häufiger als früher "über den eigenen Tellerrand" hinaus.

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Literatur

Israelische Literatur zu definieren, fällt schwer. Sie mit hebräischer Literatur gleichzusetzen, hieße die Literatur, die in Israel auf Jiddisch, Ladino, Arabisch, Russisch, Rumänisch, Englisch und anderen Sprachen geschrieben wird, zu ignorieren. Eine Beschränkung auf die seit der Staatsgründung erschiene Literatur wiederum würde einen wichtigen Teil der Anfänge der hebräisch-sprachigen Literatur außer Acht lassen. Doch für die Literaturwissenschaft beginnt die Geschichte der israelischen Literatur in der Regel mit der Geschichte des modernen Hebräisch.

Der israelische Literaturwissenschaftler Gershon Shaked macht in seiner "Geschichte der modernen hebräischen Literatur", die allerdings 1980 endet, vier Generationen von Schriftstellern aus. Die erste Generation sieht er von den 1880er bis in die 1920er Jahre. Dazu gehören einerseits osteuropäische Schriftsteller, die auf Hebräisch und Jiddisch schrieben, andererseits die Dichter der ersten Aliya, die vorwiegend die neue Lebensweise in Palästina zum Thema hatten.

Die zweite Generation war ebenfalls vom Ende des 19. Jahrhunderts und bis zum Ersten Weltkrieg schriftstellerisch tätig. Hierzu zählt Shaked Chayim Nachman Bialik und Josef Chayim Brenner. Außerdem gehören für ihn auch Dichter der Zweiten Aliya dazu, deren Hauptthemen die Auswanderung und die Eingewöhnung in Palästina waren. Zu ihnen gehört etwa Agnon.


Chayim Nahman Bialik (Foto: Nationales Fotoarchiv)

Die dritte Generation begann Ende des Ersten Weltkriegs zu schreiben. Die meisten ihrer Autoren gehörten der Dritten und Vierten Aliya an. Die wichtigsten Themen sind die beiden Weltkriege, die Shoah und das Pioniertum.

Als vierte Generation bezeichnet Shaked die im Land geborenen Schriftsteller, die in den 1920er, 30er und 40er Jahren geboren wurden. Zentrale Themen dieser Generation sind die Shoah, der Unabhängigkeitskrieg und die Gründung des Staates Israel. Autoren wie Yoram Kaniuk, Amos Oz und A. B. Yehoshua gehören zu dieser Generation, die sich durch eine kritische Haltung zu Staat, Judentum und der zionistischen Bewegung auszeichnet.


Abraham B. Yehoshua

Die neunziger Jahre brachten Israel eine neue Generation von Schriftstellern, die sich vor allem auch neuen Themen zuwandten. Auch in Israel erblühte die Popliteratur, in den neunziger Jahren reflektierten viele Autoren wie etwa Orly Castel-Bloom oder Etgar Keret besonders Themen wie Familie oder die Rolle des Individuums in einer stark kollektivistischen Gesellschaft.


Orly Castel-Bloom (Foto: Walla)

Im neuen Jahrtausend ist die Literatur aus Israel weniger zornig, viele Autoren (so etwa Moshe Sakal, Ilan Sheinfeld oder Alon Hilu) thematisieren in historischen Romanen die Herkunft ihrer Familien aus den Ländern der Diaspora.

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Film

Mit der Oscar-Nominierung des Films „Footnote“ als bester fremdsprachiger Film wurde zum vierten Mal in fünf Jahren ein Film aus Israel in dieser Kategorie nominiert. Aus keinem anderen Land standen in diesem Zeitraum so viele Filme zur Entscheidung.

Die Vorgänger bei den Oscars hießen „Waltz with Bashir“, „Beaufort“ und „Ajami“ und thematisierten alle den Konflikt mit den arabischen Nachbarn.

Das israelische Kino ist heute international erfolgreich, israelische Filmemacher werden regelmäßig  zu den wichtigen internationalen Festivals eingeladen. Das ist nicht selbstverständlich, denn viele Jahre lang war israelisches Kino für den internationalen Markt eher ungeeignet: In den 1960er und 1970er Jahren dominierten billige Produktionen, sogenannte „Bourekas-Filme“ die Filmindustrie, die vor allem von den ethnischen Stereotypen von aschkenasischen und sephardischen Juden lebten.


"The Policeman" (Ha-Shoter Azulai, 1971)

Viele dieser Filme sind heute Klassiker des israelischen Kinos, die unter anderem einen wichtigen Beitrag zum Zusammenwachsen der israelischen Gesellschaft leisteten – von der Kritik wurden die Bourekas-Filme, die damals zu Kassenschlagern wurden, jedoch auch in ihrer Zeit einhellig verrissen. Ein Verkauf ins Ausland war unmöglich – die Filme verarbeiteten Themen, die international weitgehend unbekannt waren.

In Abgrenzung zu den Komödien, die unter Cineasten von jeher einen schlechten Ruf hatten,  gründete eine Gruppe israelischer Filmemacher 1979 den ambitionierten „Israeli Fund to Encourage Quality Films“.

Die folgenden zwei Jahrzehnte waren dennoch nicht sehr ertragreich für das israelische Kino, 1998 erreichte die Filmindustrie ein Rekordtief: Nur noch 0,3 Prozent der israelischen Kinobesucher kauften ihre Tickets für einen israelischen Film.


"Broken Wings" (Knafayim Shvurot, 2002)

Im Jahr 2000 beschloss die Knesset, dass es so nicht mehr weitergehe und erhöhte das jährliche Budget für Filmförderung auf 10 Millionen Dollar, so dass vor allem junge Filmemacher eine Chance bekamen, ihre Ideen umzusetzen. Auch die kommerziellen Fernsehsender wurden per Gesetz verpflichtet, im Gegenzug für zukünftige Senderechte, Kinofilme zu finanzieren.

Mittlerweile produziert Israel zwanzig Filme pro Jahr, 15 Filme mehr als noch Ende der 1990er Jahre. Und das mit dem Oscar bekommen wir auch noch hin…

(Dieser Artikel erschien in anderer Fassung im Newsletter vom 30. Januar)

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Tanz

Der israelische Tanz hat sich von Beginn an in zwei verschiedene Richtungen entwickelt: Einerseits wurden seit der Frühzeit des zionistischen Pioniertums jüdische Volkstänze gefördert und ein israelischer Volkstanz entwickelt. Darüber hinaus waren Volkstänze aus den Ursprungsländern der Einwanderer beliebt.

Doch auch moderner künstlerischer Tanz war bereits seit den 1920er Jahren im damaligen Mandatsgebiet Palästina von Bedeutung. Auch hier brachten Einwanderer aus Europa Einflüsse aus ihren Heimatländern mit. Eine der Pionierinnen des modernen Tanzes in Israel war die ehemalige Wienerin Gertrud Krauss, die 1935 nach Palästina einwanderte.


Gertrud Krauss

Nach der Staatsgründung wurde der künstlerische Tanz durch eine Reihe von Ensembles, von denen jedes auf einer anderen Grundorientierung und einem anderen Stil basierte, zu einer Kunstform von hohem professionellem Niveau weiterentwickelt. Schon viele Jahre sind Tanzensembles wie die Batsheva Dance Company (gegründet 1964) und die Kibbuz Contemporary Dance Company international äußerst erfolgreich.

Die wichtigsten israelischen Ensembles sind das Inbal-Tanztheater, die Batsheva Dance Company, die Bat Dor Dance Company, die Kibbuz Contemporary Dance Company, Kol Dmama und das Israel-Ballett.


Batsheva Dance Company (Foto: D. Shankbone)

Zeitgenössischer Tanz aus Israel gilt als hochprofessionell, innovativ und anspruchsvoll. Das Suzanne Dellal Tanz-Zentrum im Tel Aviver Stadtteil Neve Tzedek veranstaltet seit mehreren Jahren jährlich eine "International Exposure" – eine Art Messe für Multiplikatoren aus dem Ausland, bei der herausragende israelische Produktionen vorgestellt werden. Seit seiner Eröffnung 1989 ist das Suzanne Dellal Zentrum das Mekka des Kunsttanzes in Israel geworden.


Suzanne Dellal Zentrum (Foto: A. Teicher)

Ebenfalls in Tel Aviv angesiedelt sind die Israelische Tanzbibliothek und das Israelische Tanzarchiv, die nicht nur als Zentren der Tanzlehre und -wissenschaft dienen, sondern auch Bücher zum Thema Tanz sowie die Zeitschrift Israel Dance Annual herausgeben.

Die Tanzabteilungen der Rubin-Akademien für Musik und Tanz in Jerusalem und Tel Aviv, die Bat-Dor-Studios, die Talma-Yellin-Schulen in Tel Aviv und eine Reihe von anderen Tanzschulen und Workshops im ganzen Land bieten Tanzausbildungen an.

Wichtige Beiträge Israels auf dem Gebiet der Bewegungs- und Tanzerziehung sind die bekannte Feldenkrais-Methode (entwickelt von Moshe Feldenkrais), die in der ganzen Welt gelehrt wird, und das Eshkol-Wachman-Bewegungsnotationssystem, eines der drei bekanntesten Systeme zur schriftlichen Aufzeichnung von Tanz und Bewegung.

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In der Collage am Beginn des Newsletters erscheinen (jeweils von links nach rechts):
1. Zeile: die Dichterin Rachel Bluwstein, ein Werk des Künstlers Dani Karavan, die Sängerin Ofra Haza, eine Szene aus dem Film "Eis am Stiel", die Schrifstellerin Zeruya Shalev
2. Zeile: der Schauspieler und Sänger Yehoram Gaon in dem Film "Casablan", eine Szene aus dem Film "Walz with Bashir", der Schrifsteller Amos Oz, ein "Hora"-Tanz
3. Zeile: der Schrifsteller Efraim Kishon, ein Werk des Künstlers Nachum Gutman, die Schauspielerin Clara Khoury in dem Film "Die syrische Braut", eine Szene aus einem Stück der Batsheva Dance Company
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