Livni im Interview mit CNN
Israels Außenministerin Tzipi Livni hat dem US-Nachrichtensender
CNN am Sonntag ein Interview gegeben. Darin nahm sie auch zur Frage
der Verhältnismäßigkeit der israelischen Militäroperation
Stellung.
„Ich möchte sagen, dass ich das Wesen der nötigen
Verhältnismäßigkeit nicht verstehen kann. Ich meine, sie haben
letzte Woche eine Schule in Be’er Seva in Israel angegriffen. Denken
Sie, die verhältnismäßige Reaktion wäre es, dort [im Gaza-Streifen]
eine Schule anzugreifen? Dies werden wir nicht tun. Sie nehmen
Zivilisten unter Beschuss – wir werden dies nicht tun. Die einzige
Maßnahme, die wir ergreifen, ist also, sie verstehen zu lassen, dass
dies aufhören muss. Das ist der Ausdruck des Rechts eines Staates
auf Selbstverteidigung. Wir haben eine Waffenruhe versucht. Wir
haben entschieden, überhaupt nichts und niemanden ins Visier zu
nehmen; wir haben entschieden, überhaupt nicht zurückzuschlagen. Es
hat nicht geholfen. […] Ich meine, dass die Frage der
Verhältnismäßigkeit gegen Israel missbraucht wird.“
„Es gibt eine Sache, die mich frustriert – etwas zu sagen wie
‚Israel und die Hamas müssen aufhören; es muss einen
Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas geben’. Es ist nicht
dasselbe. Ich bin nicht bereit, Israel und die Hamas in eine
Schublade zu stecken oder auch nur dieselbe Formulierung zu
verwenden, denn, wie Sie zuvor sagten, wir bringen unser Recht auf
Selbstverteidigung zum Ausdruck. Israel ist ein Mitgliedsstaat der
internationalen Gemeinschaft, während die Hamas eine
Terrororganisation ist. Israel handelt gegen die Hamas, weil sie
Israel angreift, und sie wissen, was zu tun ist, um dies zu
stoppen.“
(Außenministerium des Staates Israel, 04.01.09)
Israels Vorgehen ist absolut verhältnismäßig
Von Alan M. Dershowitz
Israels Vorgehen im Gaza-Streifen ist durch das Völkerrecht
gerechtfertigt, und das Land sollte für seine Selbstverteidigung
gegen den Terror gelobt werden. Artikel 51 der Charta der Vereinten
Nationen behält jeder Nation das Selbstverteidigungsrecht gegen
bewaffnete Angriffe vor. Die einzige Einschränkung, die das
Völkerrecht dabei einer Demokratie auferlegt, ist, dass ihre
Aktionen dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprechen müssen.
Seit Israel die Besatzung des Gaza-Streifens aufgegeben hat, hat
die Hamas tausende Raketen auf Südisrael abgefeuert – mit dem Ziel,
dort Zivilisten zu töten. Die Einwohner von Sderot, die lange Zeit
die Hauptlast der Angriffe zu tragen hatten, haben etwa 15 Sekunden
Zeit, um nach dem Abschuss einer Rakete in einen Schutzraum zu
rennen. Obwohl das absichtliche Zielen auf Zivilisten ein
Kriegsverbrechen ist, sind die Terroristen, die auf Sderot feuern,
so stolz auf ihre Taten, dass sie ihre Geschosse signieren.
In diesem Sommer besuchte Barack Obama Sderot und sah dort die
Überreste dieser Raketen. Als Reaktion sagte er, dass er, wenn seine
beiden Töchter daheim solchen Angriffen ausgesetzt wären, alles in
seiner Macht stehende unternehmen würde, um solche Angriffe zu
verhindern. Er versteht, wie Terroristen die Moralvorstellungen von
Demokratien ausnutzen.
Laut dem ehemaligen Chef der israelischen Luftwaffe fand der
israelische Geheimdienst kürzlich heraus, dass das Haus einer
Familie im Gaza-Streifen als Raketenwerkstatt benutzt wurde. Das
israelische Militär gab den Bewohnern 30 Minuten Zeit, um das
Gebäude zu verlassen. Statt dies zu tun, rief der Hausbesitzer die
Hamas an, die Mütter mit ihren Babys in das Haus schickte.
Die Hamas wusste, dass Israel niemals ein Haus mit Zivilisten
beschießen würde. Sie wusste auch, dass die Hamas einen PR-Sieg
davontragen würde, falls die israelischen Behörden nicht
herausfinden sollten, dass sich Zivilisten im Haus befinden, und es
unter Beschuss nehmen ließen: Dann hätte die Hamas die toten
Zivilisten präsentieren können. Israel schoss nicht. Die Raketen der
Hamas, die von menschlichen Schutzschilden beschützt worden waren,
wurden anschließend gegen israelische Zivilisten eingesetzt.
Diese verachtenswerte Vorgehensweise, israelische Zivilisten
anzugreifen, während man sich gleichzeitig hinter palästinensischen
Zivilisten versteckt, kann nur gegen moralische Demokratien
funktionieren, die bemüht sind, zivile Opfer zu vermeiden. Sie
funktioniert niemals gegen amoralische Nationen wie Russland, deren
Militär kaum Hemmungen hat, Zivilisten zu töten, hinter denen sich
Terroristen verbergen.
Die Behauptung, Israel habe das Prinzip der Verhältnismäßigkeit
verletzt, indem es mehr Hamas-Terroristen getötet hat als
israelische Zivilisten durch Hamas-Raketen getötet worden sind, ist
absurd. Erstens gibt es keine rechtliche Gleichwertigkeit zwischen
der gezielten Tötung von unschuldigen Zivilisten und der gezielten
Tötung von Hamas-Kämpfern. Laut Kriegsrecht kann jede beliebige Zahl
von Kämpfern getötet werden, um die Tötung auch nur eines einzigen
Zivilisten zu verhindern.
Zweitens wird Verhältnismäßigkeit nicht an der Zahl der
tatsächlich getöteten Zivilisten gemessen, sondern an der Größe der
Gefahr, die von einer Aktion ausgeht. Dies zeigt etwa das Beispiel
des Beschusses vom vergangenen Dienstag, als eine Hamas-Rakete einen
Kindergarten in Be’er Sheva traf – zu einer Zeit, als sich dort
keine Kinder befanden. Laut Völkerrecht muss Israel nicht zulassen,
dass die Hamas Russisches Roulette mit dem Leben israelischer Kinder
spielt.
Während Israel Warnsysteme installiert und Schutzräume baut,
weigert sich die Hamas, ähnliches zu tun, gerade weil sie die Zahl
der palästinensischen Zivilisten, die unbeabsichtigtbei israelischen
Militäraktionen getroffen werden, in die Höhe treiben will. Die
Hamas weiß aus Erfahrung, dass bereits die unabsichtliche Tötung
einer geringen Zahl palästinensischer Zivilisten durch Israel zu
einer harten Verurteilung des Landes durch viele Mitglieder der
internationalen Gemeinschaft führen kann.
Auch Israel versteht dies. Es unternimmt große Anstrengungen, die
Zahl ziviler Toter zu verringern und verzichtet dabei mitunter
darauf, legitime Ziele anzugreifen, wenn sie sich zu nah an
Zivilisten befinden.
Solange die Welt nicht erkennt, dass die Hamas drei
Kriegsverbrechen verübt – das Angreifen israelischer Zivilisten, den
Missbrauch palästinensischer Zivilisten als menschliche
Schutzschilde und den Versuch, einen Mitgliedsstaat der Vereinten
Nationen zu zerstören –, und dass Israel aus militärischer
Notwendigkeit in Selbstverteidigung handelt, so lange wird der
Konflikt andauern. Alan M. Dershowitz ist
Juraprofessor an der Universität Harvard.
(The Wall Street Journal, 02.01.09)
Die im Newsletter veröffentlichten Kommentare geben
nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung
wieder.
Reaktionen aus Deutschland
In Deutschland haben sich die Jüdische Gemeinde Pinneberg und die
Israelitische Kultusgemeinde Berlin Adass Jisroel mit
Presseerklärungen deutlich hinter die israelische Reaktion auf die
jahrelangen Raketenangriffe der Hamas gestellt. Sie weisen in ihren
Erklärungen eindringlich darauf hin, dass die Verantwortung für die
Reaktion Israels bei der Hamas liegt, die ihre eigene Bevölkerung
missbraucht, Israel seit Jahren mit Raketen beschießt und als
erklärtes Ziel die Vernichtung Israels anstrebt.
Auch die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg äußerte sich in
aller Schärfe gegen die hetzerischen Aussagen auf den
antiisraelischen Hass-Demonstrationen, wie sie dieser Tage in
ganz Deutschland stattfinden. Die Arbeitsgemeinschaft Stuttgart der
Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) hat ebenfalls mit einer
Presseerklärung auf die aktuelle Situation sowie die
antiisraelischen Demonstrationen reagiert.
Die DIG Bremen lädt zu einer Diskussionsrunde zum Thema „Israel,
Gaza und die Lage im Nahen Osten - Wie stehen wir dazu? Was können
wir tun?“ ein (6. Januar, 18.00 Uhr, EuropaPunktBremen, Haus der
Bürgerschaft).
Derzeit laufende Online-Petitionen von German Media
Watch: Solidarität mit Israel: http://www.nicht-mit-uns.com/Solidaritaet.htm
Solidarität mit Sderot: http://www.petitiononline.com/Sde2007/petition.html Aufruf
an die Mitgliedsstaaten der EU und des Weltsicherheitsrates: http://www.petitiononline.com/EU2007/petition.html |