Von Aluf Benn Die Debatte zwischen Rechts und Links in Israel konzentriert sich
gewöhnlich auf den pathetischen Versuch, vor dem imaginären Gericht
der Geschichte und der öffentlichen Meinung zu beweisen, wer Recht
hat. „Wir sind gegen die Besatzung gewesen“, ruft es auf der Linken.
„Und wir haben vor Oslo gewarnt“, donnert es auf der Rechten. „Wir
haben gesagt, dass die Siedlungen Unglück bringen werden“, brüstet
sich der Linke. „Wir haben gewarnt, dass man den Palästinensern
keine Gewehre geben darf“, antwortet ihm der Rechte.
Diese Aussagen sind gut für das Rednerpult in der Knesset und die
Meinungskolumnen in den Zeitungen. Aber in der Realität ist Politik
kein theoretischer Ideenwettbewerb, sondern ein Machtkampf zwischen
Interessenverbänden, die miteinander um die nationalen Ressourcen
wetteifern. Die Ideologie ist das Vermarktungsinstrument der
rivalisierenden Gruppen, und sie dient der Rekrutierung von
Anhängern und der Ermutigung der bereits Überzeugten und nicht der
Änderung der Stanpunkte des Gegners. In diesem Kampf siegt nicht
derjenige, der die besseren Argumente im Morgenradio präsentiert,
sondern die Seite, der es gelingt, ihre Rivalen zu bezwingen.
In Israel gibt es eine Reihe von einflussreichen Lobbys:
Offiziere der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (ZAHAL),
Behinderte, Mobilfunkunternehmen, Mitarbeiter der Häfen und der
Elektrizitätsgesellschaft, die Banken, die Landwirte, Gesellschafter
der großen Konzerne, Konzessionäre der Fernsehsender und nicht
zuletzt die Siedler im Westjordanland. All diese Lobbys wollen
Ressourcen vom Staat und erhalten sie dank ihrer Kontrolle über die
Machtzentren und ihrer Fähigkeit, die Ordnung zu stören. Nur die
Teilung des Landes hat keine Lobby.
Das auf demographischer Sorge basierende Argument, dass die
Gründung eines palästinensischen Staates in den Gebieten notwendig
zur Sicherung der Zukunft und der Identität Israels ist, ist in den
letzten Jahren von der Linken ins politische Zentrum gewandert. „Wir
bevorzugen einen jüdischen Staat gegenüber einem binationalen
Staat“, begründete Yitzhak Rabin die Osloer Verträge; kurz darauf
wurde er ermordet. Ariel Sharon sprach von der „demographischen
Wirklichkeit, die vor Ort entstanden ist“, um die Abkoppelung vom
Gaza-Streifen zu rechtfertigen. Ehud Olmert fasste es noch
radikaler, als er nach Annapolis ging: „Zwei Staaten, oder Israel
ist am Ende.“ Die gegenwärtige Führung unter Olmert, Tzipi Livni und
Ehud Barak warnt davor, dass Israels Legitimität als jüdischer Staat
unterminiert wird, wenn der diplomatische Prozess scheitert; an
dessen Stelle würden die Palästinenser dann eine
„Ein-Staaten-Lösung“ fordern, mit vollen Bürgerrechten in Israel als
Ersatz für die Unabhängigkeit in einem eigenen Staat.
Das Problem ist, dass die demographische Bedrohung in der
politischen Debatte gut klingt, sich aber nur schwer in die konkrete
Wirklichkeit übersetzen lässt. Wie wird dies genau vor sich gehen?
Eines Tages fällt der Zaun, und die Palästinenser werden verlangen,
sich mit den Juden und Arabern auf der israelischen Seite zu
vereinigen? Wird sich die Hamas-Regierung im Gaza-Streifen an den
Parteienregistrator in Jerusalem wenden und um die Kandidatur zur
Knesset bitten? Werden die Tel Aviver in Gaza an den Strand gehen?
Oder umgekehrt? Werden die Siedler in Jenin und Nablus wohnen und
die Reichen des Westjordanlandes sich Villen in Kadumim und Karnei
Shomron kaufen?
Es ist schwer, Menschen zum Handeln zu bewegen, wenn sie keine
klare und unmittelbare Gefahr erkennen bzw. keine Aussicht auf
großen Verdienst. Daher ängstigen der Anschlag im Café um die Ecke,
die Kassam-Rakete und der wild gewordene Baggerführer die
israelische Öffentlichkeit sehr viel mehr als die iranische
Atombombe. Es ist klar, dass eine Atombombe sehr viel mehr Menschen
töten kann als ein Selbstmordterrorist, und die Tatsache, dass sie
sich im Iran befindet, würde Israel strategischen Schaden bringen.
Aber diese Bedrohungen sind theoretisch, und es ist schwer, sie sich
in Wirklichkeit vorzustellen, während jeder versteht, was ihm
passieren würde, wenn der Bulldozer auf der anderen Straßenseite
plötzlich auf ihn losrast.
Die Bedrohungen der iranischen Atombombe und der
palästinensischen Demographie wirken virtuell, und daher gibt es
keinen öffentlichen Druck auf die Regierung, gegen die
Nuklearanlagen im Iran vorzugehen oder aus dem Westjordanland
abzuziehen. Auf der anderen Seite ist die Situation der Siedler dem
entgegengesetzt. Ihre Lobby profitiert von allen Seiten. Sie
verleiht ihren Anhängern spirituellen und moralischen Sinn. Sie
rekrutiert sie zum Handeln, aufgrund der Sorge, dass sie aus ihren
Häusern vertrieben würden, die sich seit dem Rückzug aus dem
Gaza-Streifen konkretisiert hat. Und sollten der Kampf misslingen
und die Siedlungen geräumt werden, ist den Siedlern eine schnelle
Bereicherung auf Kosten des Staates sicher.
Das ist der Grund, weswegen die konstanten Umfrageergebnisse –
70% der Öffentlichkeit sind für Abzug und Teilung – sich nicht in
der Realität widerspiegeln. Es gibt niemanden, der sie in die Tat
umsetzen würde, sei es aus Sorge vor dem Untergang oder wegen der
Erwartung eines Gewinns. Nur selten kommt es zu einer
Interessenkonvergenz, die die politische Führung zum Handeln bewegt.
So ist es bei Sharon gewesen, der durch Druck von außen und
Popularitätsverlust daheim bedroht war und sich um den Verlust
seiner Herrschaft sorgte. Daher räumte er Gush Katif und gewann die
Unterstützung der Bevölkerungsmehrheit und beispiellose
internationale Zustimmung. Sein unbeliebter Nachfolger schaffte es
nicht, die für diesen Prozess erforderliche innenpolitische Stärke
und öffentliche Unterstützung zu gewinnen, und behielt deshalb den
Status Quo in den Siedlungen bei, obwohl er eine massive Räumung
beabsichtigte.
Die Teilung des Landes wird nur dann möglich sein, wenn das
Interesse ihrer Befürworter stark genug ist, um sie zum Handeln
anzutreiben. Bis dahin können sie nur im Radio sprechen und
Kommentare verfassen.
(Haaretz, 12.09.08) |
Berlin, Bayern und der Schwarzwald sind die von Israelis
bevorzugten Reiseziele in Deutschland. Dies teilte Goldi Gottlieb,
die Direktorin des deutschen Fremdenverkehrsbüros in Israel,
vergangene Woche im Vorfeld eines Empfangs zu Ehren des Staates
Israel in der Residenz des deutschen Botschafters in Tel Aviv,
Harald Kindermann, mit. Im Jahr 2007 sind insgesamt 370 000 israelische Touristen nach
Deutschland gereist. In diesem Jahr waren es bisher bereits 250 000.
Nach Auskunft von Gottlieb könnte die Zahl der Urlauber aus Israel
noch um einiges höher sein. Allerdings stünden nicht genügend Flüge
zur Verfügung, um die Nachfrage zu decken.
Gemäß dem Flugfahrtabkommen zwischen Deutschland und Israel gibt
es pro Woche 18 Linienflüge auf beiden Seiten: El Al fliegt
18mal nach Berlin, Frankfurt und München, Lufthansa fliegt 14mal
nach Frankfurt und Hapag Fly je einmal nach Hamburg, Köln, München
und Berlin. Außerdem gibt es noch Charterflüge, darunter Israir, die
zwei Flüge pro Woche nach Berlin anbietet.
„Der israelische Tourist ist in Deutschland begehrt“, sagt
Gottlieb, „und gilt als guter, qualitätsvoller Tourist, der in seine
Reise zu investieren weiß.“
(Calcalist, 10.09.08) |