Irans Vizepräsident Esfandiar Rahim Mashaii hat seine Feindschaft
gegenüber Israel beteuert. Mashaii war am Montag vor den
Sicherheits- und Außenpolitischen Ausschuss des iranischen
Parlaments zitiert worden, um seine Haltung zu Israel zu erklären.
Vor einigen Wochen war Mashaii unter Beschuss geraten, nachdem er
gesagt hatte, dass der Iran auch Freund des israelischen Volkes sei.
„Israel ist der am meisten verfluchte Name, und ich schwöre Israel
tausendmal den Tod“, beteuerte der Politiker nun bei der
Anhörung.
Der Parlamentsabgeordnete Kazem Jalali begrüßte die Stellungnahme
Mashaiis, der sich der Politik des „islamischen Systems“
verpflichtet fühle. „Die Gesetzgeber haben Mashaai erzählt, dass es
unverzeihlich ist, Israel als eine Nation zu bezeichnen, und 220
Abgeordnete wie auch hochrangige Kleriker haben diese Äußerungen
verurteilt“, sagte Jalali. „Mashaii hat versichert, dass sein Ansatz
der Ansatz der Regierung sei. Er sagte, dass die Thematisierung des
Holocaust ein wirklicher Schlag für das zionistische Regime gewesen
sei. Mashaii sagte, wir sollten unseren Kampf gegen das zionistische
System fortführen. Das Regime, das Quds (Jerusalem) besetzt, ist in
der schlimmsten Situation und hat jegliche Daseinsberechtigung
verloren.“
(Mehr News Agency, 08.09.08) |
Von Michael Handelsaltz Im Staat Israel, der vor 60 Jahren als nationale Heimstätte des
jüdischen Volkes gegründet wurde, das „der ganzen Welt das ewige
Buch der Bücher vermacht hat“ (so die Unabhängigkeitserklärung);
dessen Amtssprache – neben dem Arabischen – Hebräisch ist, in dem
eben jenes Buch der Bücher geschrieben wurde, ist die Herausgabe der
Bibel im Hebräisch unserer Tage initiiert worden - mit anderen
Worten: ihre Übersetzung ins Hebräische. Ihre Neufassung in
derselben Sprache, mit anderen Wörtern.
Es handelt sich hier um eine private kommerzielle Initiative
eines alten Bibellehrers, Avraham Ahuvia, und des Verlegers Rafi
Moses vom Reches-Verlag. Der Text ist gänzlich punktiert, die
Originalverse stehen neben den übersetzten. Im Erziehungsministerium
ertönten bereits Wehklagen, und geschwind ist eine Anweisung
erlassen worden, die die Benutzung der neuen Übersetzung in den
Schulen verbietet. Die Gefahr ist somit abgewendet. Selbst wenn sie
wollten, werden Israels Schüler und Lehrer nicht von der neuen
Schriftrolle zehren können.
Robert Graves, der 1964 vom britischen Nationaltheater um eine
Übersetzung von Shakespeares „Viel Lärm um nichts“ ins Englische
gebeten wurde und dies tat, um dem englischen Zuschauer das
Verständnis des 400 Jahre zuvor in englischer Sprache erschienenen
Stückes zu erleichtern, sagte: „Was Shakespeare einzigartig macht,
ist, dass er wirklich gut ist, trotz all der Leute die sagen, dass
er gut ist.“
Die neue Übersetzung beweist, dass dies auch auf die Bibel
zutrifft. Es genügt, das Original mit der Übersetzung des ersten
Verses des Buchs Genesis zu vergleichen. Der Unterschied zwischen
dem Original – „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ - und der
Übersetzung - „Am Anfang der Schöpfung, als Gott die Welt
schuf“, ist wie der zwischen Himmel und Erde. Wie jedes große
Sprachkunstwerk ist die Bibel in derselben Sprache mit anderen
Wörtern ein völlig anderes Kunstwerk.
Die Initiatoren der Übersetzung beeilten sich darauf hinzuweisen,
dass ihr Werk um seiner selbst willen gemacht worden sei. „Die
Sprache der Bibel ist eine ‚Fremdsprache’ für Israels Schüler, und
es besteht der Bedarf nach Vermittlung in einer leichten Sprache, um
den Lehrern die Zeit zur Vertiefung freizumachen“, sagte Rafi Moses
(der entschieden hat, sich selbst mit dem Unternehmen zu verewigen,
in dem er es „RaM-Bibel“ betitelte). Übersetzer Avraham Ahuvia fügte
hinzu: „Ich wurde überzeugt, weil wir Lehrer im Unterricht die Bibel
mündlich für die Schüler übersetzen, die sich mit dem Verständnis
der erhabenen Sprache schwer tun.“
Hier muss man daran erinnern, dass die Entwicklung der westlichen
Zivilisation in ihren Sprachen während mehr als zweitausend Jahren
dank der Bibelübersetzungen vom Hebräischen ins Aramäische,
Griechische, Lateinische und Englische bereichert worden ist. Das
Hebräische entwickelte sich selbst über die Generationen hinweg
durch Gelehrte, die die Bibel wieder und wieder in die Sprache ihrer
Zeit übersetzten, und daher stammen der Talmud und seine Sprache.
Und in der Tat gibt es einen Unterschied zwischen dem Hebräisch der
Bibel und dem von heute, obwohl es dieselbe Sprache ist. Was noch
wichtiger ist: Es gibt einen großen Unterschied zwischen
Hebräischsprechenden vor 60 und mehr Jahren, und denen, die es heute
sprechen, obwohl es dieselbe Sprache ist.
Mein Großvater, Israel Eliyahu Handelsaltz, der als
Hebräischlehrer und Übersetzer in Polen ein oder zwei Dinge über die
Übersetzung der Bibel und ihre Nähe zum gesprochenen Hebräisch
wusste, hat das Problem im Jahre 1919 gut auf den Punkt gebracht. Er
übersetzte das Buch Esther vom Aramäischen ins Hebräische und die
aramäischen Teile des Buches Daniel. In einem Artikel, den er in der
pädagogischen Zeitschrift „Hamadrich“ (erschienen in
Lodz/Polen) veröffentlichte, schrieb er: „Einst erwarb man die
Kenntnis der Hebräischen Sprache durch die Kenntnis der Heiligen
Schrift und des Talmud, die Kenntnis der Grammatik begann mit der
Auslegung Raschis, dem Stil der Mischna und ihren Verzweigungen, der
Sprache der Rabbiner (…), Unbildung war damals keine Option. Ein
‚Hebräisch-Kundiger’ und ein Ignorant waren zwei Gegensätze.
Nun haben sich die Dinge geändert: Der durchschnittliche
Hebräisch-Kundige braucht die Bibel überhaupt nicht, und wenn er sie
gelernt hat, dann nur stückweise und mit Unterbrechungen. Nun ist es
möglich, die Hebräische Sprache zu beherrschen und dennoch ignorant
und unwissend zu sein. (…).“
Ich kann meinen Großvater nicht fragen, was er von der neuen
Übersetzung hält. Er wurde 1941 im russischen Novgorod ermordet. Aus
seinem Artikel geht jedoch klar hervor, dass er über das gleiche
Problem spricht, das die neuen Übersetzer bewegt hat: Die Umwandlung
der heiligen Sprache in eine Alltagssprache hat einen Preis gehabt –
Generationen, die die Sprache der Bibel sprechen, ohne sich dessen
bewusst zu sein. Wenn sie ein einfaches Wort wie „Himmel“ sagen,
wissen sie nicht, dass sie das Buch Genesis zitieren, genauso wie
Monsieur Jourdain in „Le Bourgois Gentilhomme“ sein ganzes Leben in
Prosa gesprochen hat, ohne zu wissen, dass es Prosa war.
Inspirierte Bibellehrer und -lehrerinnen sollten es den
Hebräisch-Muttersprachlern nicht einfacher machen, die Sprache der
Bibel zu verstehen, in der sie sprechen, ihnen die Bibel nicht
dadurch leichter machen, dass sie sie sanft ermorden. Vielmehr
sollten sie ihnen zeigen, mit welch geringem geistigen Aufwand sie
sie so, wie sie ist, verstehen können.
Ich mache mir keine Sorgen um die Bibel und ihre Sprache, und
auch nicht um das Alltagshebräisch. Sie haben genug Anhänger (Meir
Shalev z.B., der „Bibel jetzt“ geschrieben hat und jüngst die
Bibelstudie „Reishit, Pa’amim Rishonot Bemikra“). Das Hebräisch kann
auf sich selbst aufpassen. Die Bibel ist ewig, aus sich heraus. Das
einzige, was sie fürchten müssen, sind Lehrer mit guten
Absichten.
(Haaretz, 10.09.08) |