Von Jonathan D. Halevi und Ashley Perry Bei dem Versuch, vor einem Angriff auf seine Nuklearanlagen
abzuschrecken, ist das Säbelrasseln des Iran jüngst eskaliert. Der
iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad hat im vergangenen Monat
damit gedroht, dass die iranische Armee ihren Feinden „die Hände
abhacken“ würde, bevor deren Finger den Abzug berühren könnten.
Während viele dies als einen Präventiv-Raketenschlag aus dem Iran
interpretieren, gibt es eine sogar noch teuflischere
Möglichkeit.
Im Laufe der vergangenen Jahre hat Irans Stellvertreterin
Hisbollah ihren Einfluss weit ausgedehnt. Bei seiner gewagten
Politik gegenüber dem Westen hat der Iran viel von den beiden
Golfkriegen nebenan gelernt. Anders als Saddam Hussein, dessen
Drohung einer umfassenden Attacke gegen den Westen weitgehend
rhetorisch war, folgt der Iran einer globalen Perspektive und
betreibt eifrig den Aufbau terroristischer Netzwerke auf der ganzen
Welt, die dann auf Befehl zur Tat schreiten können.
Die Hisbollah ist integraler Bestandteil des islamischen
Revolutionsregimes in Teheran. Die führende religiöse Autorität des
Iran hat Hassan Nasrallah den Titel des libanesischen
„Repräsentanten“ verliehen und ihn dadurch zu einem essentiellen
Teil der iranischen Revolution gemacht.
Die Hisbollah erhält jährlich Millionen von Dollars aus dem Iran.
Nach dem zweiten Libanonkrieg erhielt sie noch mehr Gelder zur
Kompensation ihrer militärischen und zivilen Verluste und für den
Wiederaufbau der Schiitendörfer, die sie unterstützt hatten. Das
iranische Kapital wird der Hisbollah von der al-Quds-Truppe der
Revolutionswächter, dem iranischen Außenministerium und staatlichen
Einrichtungen mit Niederlassungen im Libanon überwiesen.
Die relative Ruhe, die derzeit an der libanesisch-israelischen
Grenze herrscht, darf nicht als Abkühlen des Enthusiasmus der
Hisbollah missverstanden werden. Vielmehr dient sie dazu, den
Fokus der Hisbollah auf ihre beiden Hauptziele zu tarnen: die
libanesische Verfassung zu ändern und eine größere schiitische
Präsenz im libanesischen Parlament sicherzustellen, mit dem Blick
auf eine eventuelle Machtübernahme im Libanon durch Ausnutzung des
demokratischen Prozesses, um ihn dann in ein radikal-schiitisches
islamisches Land wie den Iran zu verwandeln.
Dabei greift die Mission der Hisbollah jedoch weit über den
Libanon hinaus. Innerhalb der arabischen Welt, selbst bei Sunniten,
ist die Hisbollah sehr populär und ein wichtiger Faktor bei der
Rekrutierung der Massen für den Heiligen Krieg (Jihad). Die
Organisation ist denen behilflich, die ihre jeweilige Regierung ins
Visier nehmen, durch die Schwächung der sunnitischen Opposition und
die Schaffung einer strategischen Allianz mit allen Zweigen der
Muslimbrüderschaft auf der Welt, auch in den palästinensischen
Gebieten.
Diese Aktivitäten stehen mit dem 50-Jahresplan der iranischen
Führung im Einklang, der Ende der 90er Jahre bekannt gegeben wurde.
Laut eines iranischen Dokuments besteht der Plan darin, die
Islamische Revolution durch Predigten, die Ermunterung schiitischer
Emigration, den Immobilienerwerb, den Aufbau politischer
Organisationen, die Infiltrierung der lokalen politischen Apparate
und die Übernahme verschiedener Parlamente und Schaltzentralen
politischer Macht in die Nachbarstaaten und darüber hinaus zu
exportieren.
Fußspuren von Iran und Hisbollah findet man in verschiedenen
afrikanischen und südamerikanischen Ländern. In Nigeria operiert die
Hisbollah bspw. unter schiitischen Exillibanesen und der lokalen
Bevölkerung. Der Führer der schiitischen Eingeborenen in Nigeria,
Sheikh Zakzaky, hat einen Götzendienst für Hassan Nasrallah und die
Führer des Iran ins Leben gerufen.
In Venezuela und anderen südamerikanischen Ländern betreibt die
Hisbollah eine langjährige Kampagne zur schiitisch-islamischen
Missionierung der eingeborenen Indianer. Teodoro Rafael Darnott,
auch bekannt als „Kommandant Teodor“, hat kürzlich verkündet: „Wenn
die Vereinigten Staaten den Iran, das einzige von Gott regierte
Land, angreifen, werden wir in Lateinamerika zurückschlagen und
selbst innerhalb der Vereinigten Staaten selbst. Wir haben die
Mittel dazu, und wir wissen, was wir zu tun haben. Wir werden die
Lieferung von Öl aus Lateinamerika in die USA sabotieren. Ihr seid
gewarnt worden.“
Am 29. Juni hat die kuwaitische Tageszeitung al-Siasa berichtet,
dass die Hisbollah junge Männer aus Venezuela in ihren Militärlagern
im Südlibanon ausbildet, um sie für Attacken auf amerikanische
Einrichtungen vorzubereiten. Außerdem haben Hisbollah und Iran
geheime Zellen im Ausland für die Durchführung von Terroranschlägen
aufgebaut. Solche Zellen waren für die Anschläge auf die israelische
Botschaft und das jüdische Zentrum AMIA in Buenos Aires in den
frühen 90er Jahren verantwortlich und ebenso für die Anschläge in
Kuwait und Saudi-Arabien sowie die Anschlagsversuche in London und
Thailand.
In der Zwischenzeit hat ABC berichtet, dass amerikanischen und
kanadischen Nachrichtendiensten Informationen über Schläferzellen
der Hisbollah in Kanada vorliegen, die Geheimdienstinformationen
über israelische und jüdische Ziele in Ottawa und Toronto für
mögliche Anschläge sammeln sollten.
Die Verästelungen des Einflussbereichs der Hisbollah sind es, die
eine reale Bedrohung in vielen Ecken der Welt darstellen. Der Iran
hat verstanden, dass er, um den Westen wirklich bedrohen und als
Geisel halten zu können, eine vielschichtige Gefahr für die Bürger
der westlichen Staaten und ihre Interessen schaffen muss. Das
Netzwerk von Terrorzellen der Hisbollah dient genau diesem
Zweck.
Die Regierung Großbritanniens ist weltweit eine der wenigen, die
diese Bedrohung voll erkennt; vor kurzem hat sie den militärischen
Flügel der Hisbollah für illegal erklärt. Es ist Zeit, dass mehr
westliche Staaten es ihr gleichtun, wenn sie Irans Stellvertreter
und Joker im Falle eines Angriffs auf das iranische Atomprogramm
neutralisieren wollen.
Oberstleutnant d. Res. Jonathan D. Halevi ist Senior
Researcher am Jerusalem Center for Public Affairs und früherer
Berater des Planungsstabs des israelischen Außenministeriums.
Ashley Perry ist Redakteur am Jerusalem Center for Public
Affairs.
(Yedioth Ahronot, 10.08.08)
Die im Newsletter veröffentlichten Kommentare geben
nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung
wieder. |