Von Moshe Maoz Am 17. Juli veranstaltete König Abdullah von Saudi-Arabien,
erstmals in der Geschichte des streng-muslimischen Königreichs, eine
interreligiöse Konferenz in Madrid mit jüdischen Vertretern,
darunter einem Rabbiner aus Israel. Noch als Kronprinz initiierte er
2002 einen beachtlichen Schritt in Richtung Israels, der von den 22
Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga unterstützt wurde: die
Anerkennung Israel einschließlich diplomatischer Beziehungen unter
der Bedingung, dass es sich hinter die Grenzen von 1967 zurückzöge
und ein palästinensischer Staat mit einer Hauptstadt in Ostjerusalem
gegründet werden würde.
Dass man sich nicht täusche: Saudi-Arabien, ein wahabitisches
muslimisches Königreich, das die heiligsten Stätten des Islam –
Mekka und Medina – beherrscht, hat seine grundsätzliche negative
Einstellung gegenüber Juden und dem Staat Israel nicht geändert. Wie
andere muslimische und arabische Regimes auch hat das saudische
Regime seine Haltung gegenüber Israel jedoch aus strategischen,
politischen und militärischen Erwägungen und einer langfristig
realistischen Betrachtungsweise heraus gelockert.
Der realistische Standpunkt Saudi-Arabiens gegenüber der Existenz
Israels ist nicht neu. Bereits im Mai 1975 sagte der damalige
saudische König Khaled im Interview mit der Washington Post, dass
sein Land bereit wäre, „Israels Existenzrecht innerhalb der Grenzen
von 1967 unter der Bedingung anzuerkennen, dass ein
palästinensischer Staat zwischen Israel und Jordanien gegründet
werden wird“. Dieser König war offensichtlich beeinflusst von dem
Sieg Israels im Krieg von 1973, dessentwegen Ägypten und Syrien die
UN-Sicherheitsresolution 338 akzeptierten (die auch die Resolution
242 von November 1967 enthielt, die von Ägypten und Jordanien
angenommen worden war) und damit die indirekte Anerkennung der
Existenz Israels.
Der saudische Prinz Fahad, der 1982 König wurde, schlug 1981 auf
dem Arabischen Gipfel im marokkanischen Fez die Anerkennung Israels
im Austausch für einen Rückzug hinter die Grenzen von 1967 (1949),
die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates im
Westjordanland und im Gaza-Streifen und Entschädigungszahlungen für
die Flüchtlingen bzw. deren Rückkehr in ihre Heimat vor. Der
Arabische Gipfel wies diesen Vorschlag zurück, nahm ihn jedoch dann
1982 nach einer Korrektur, die die Anerkennung der PLO-Führung
beinhaltete, an.
20 Jahre später, im Jahr 2002, hat Saudi-Arabien erneut einen
Frieden und die Anerkennung Israels im Austausch für einen Rückzug
hinter die Grenzen von 1967 und die Gründung eines palästinensischen
Staates mit Hauptstadt in Ostjerusalem sowie eine vereinbarte Lösung
des palästinensischen Flüchtlingsproblems (auf Basis der
UN-Resolution 194 vom Dezember 1949) vorgeschlagen. Dieser
Vorschlag, der 2007 abermals von der Arabischen Liga verabschiedet
worden ist, wurde wahrscheinlich vom saudischen Bedürfnis
beeinflusst, die USA nach den Anschlägen vom 11. September
2001 zu besänftigen; v. a. aber wohl von der Sorge Saudi-Arabiens
und anderen sunnitisch-arabischer Staaten vor der
schiitisch-iranischen Gefahr, die sie sehr viel mehr bedroht als
Israel. Die israelischen Regierungen haben diese Vorschläge jedoch
seither verworfen oder sie ignoriert und dadurch womöglich
Gelegenheiten ungenutzt gelassen, einen umfassenden Frieden mit den
arabischen Staaten mittels einer vereinbarten Lösung des
palästinensischen Problems voranzubringen.
Dabei kann man annehmen, dass eine Lösung des palästinensischen
Problems und der Jerusalem-Frage nicht wenige muslimische Staaten
dazu bewegt hätte, Israel anzuerkennen und ihre Beziehungen zu Juden
zu verbessern. Belege für einen solchen Trend waren in den
vergangenen Jahren von dem pakistanischen Präsident Pervez
Musharraf, dem früheren indonesischen Präsidenten Abdurrahman Wahid
und anderen muslimischen Führern zu hören. Die Einladung der
jüdischen Repräsentanten zu der interreligiösen Konferenz in Madrid,
die der saudische König initiiert hat, zeugt ebenfalls von einem
wichtigen muslimischen Trend, der die Koexistenz in Frieden und den
religiösen Dialog mit dem Judentum befördert. Dieser Trend findet
seinen Ausdruck in letzter Zeit auch auf Regierungsebene in
Jordanien und Katar sowie in den öffentlichen und akademischen
Einrichtungen in den USA und Europa.
Es ist wichtig, diese pragmatischen muslimischen Trends zu
ermutigen, die die zentrale Strömung des Islam repräsentieren.
Dadurch wird es möglich, die extremistischen muslimischen Strömungen
zu bekämpfen, die auf schiitischer Seite vom iranischen Regime und
der Hisbollah und auf sunnitischer Seite von der Al-Qaida und
anderen radikalen Organisationen repräsentiert werden. Diese
trachten nach der Zerstörung Israels und Angriffen auf Juden; sie
verkörpern sich in ihren Taten und ihren muslimisch-antisemitischen
Veröffentlichungen, die aus dem alten christlichen Antisemitismus
und tendenziösen Passagen des Koran und der islamischen
Überlieferung (Hadith) schöpfen.
Diese fanatischen muslimischen Elemente gefährden nicht nur
Israel und die Juden, sondern auch pragmatische arabische und
muslimische Regimes wie das saudische. Insofern haben Israel und
Saudi-Arabien (und anderen arabische und muslimische Staaten) ein
gemeinsames Interesse daran, den Einfluss des extremistischen Islam
und seine tödlichen Angriffe zu neutralisieren oder zu begrenzen.
Eines der zentralen Mittel dazu wäre eine israelisch-saudische
Zusammenarbeit bei einer vereinbarten und anständigen Lösung des
palästinensischen Problems und der Jerusalem-Frage.
Moshe Maoz ist Emeritus für Islam- und Nahostwissenschaften
an der Hebräischen Universität Jerusalem.
(Haaretz, 03.08.08)
Die im Newsletter veröffentlichten Kommentare
geben nicht grundsätzlich den Standpunkt des israelischen
Außenministeriums wieder.
|