Israels Ministerpräsident Ehud Olmert hat sich heute Morgen im
Deutschlandfunk zur aktuellen Lage im Nahen Osten und dem Stand der
israelisch-palästinensischen Friedensverhandlungen geäußert.
Zur Situation in Gaza bemerkte Olmert: „Israel sagt immer wieder,
wenn es von Gaza aus keinen Terror mehr gibt, werden wir nicht mehr
darauf antworten. Es liegt an ihnen. Israel besetzt nicht einen
Zentimeter von Gaza. Wir haben uns 2005 vollständig zurückgezogen.
Es gibt für die Palästinenser keinen Grund, unschuldige Israelis
tagtäglich mit Raketen zu beschießen oder Selbstmord-Angriffe und
alle die anderen Arten der Gewalt anzuwenden. […]
Sie kommen aus Deutschland. Könnten Sie sich vorstellen, dass
Dortmund an jedem Tag der letzten sieben Jahre mit Raketen
angegriffen worden wäre, ohne dass Sie etwas gegen diejenigen
unternommen hätten, welche die Raketen abfeuern? Die schwierigen
Lebensumstände sind nicht gut, aber sie töten nicht. Raketen töten.
Wir müssen verstehen, welche Wirkung erzielt würde, wenn wir mit
Terroristen verhandelten, die, wie sie selbst sagen, das sind nicht
meine Worte, absolut entschlossen sind, die Zivilisation zu
zerstören, welche die Grundlage unseres und Ihres Lebens und des
Lebens unserer Länder bilden“.
Die Aussichten und Handlungsspielräume des Friedensprozesses
umriss er wie folgt: „Als wir den Annapolis-Prozess begannen, sagte
Präsident Bush: Wir wollen versuchen, eine Verständigung zu
erzielen, welche die Grundlage für die Verwirklichung der
Zwei-Staaten-Lösung bildet, die der Vision des Präsidenten
entspricht. Und das innerhalb des zeitlichen Rahmens 2008. Das heißt
nicht, dass die einzelnen Punkte dieser Verständigung bald darauf
verwirklicht würden. Denn dies hat mit der Implementierung der „road
map“ zu tun, und die „road map“ wird mehr Zeit in Anspruch nehmen,
wegen des Terrors in Gaza, wegen der Schwäche der palästinensischen
Behörden, der Unsicherheit, des Mangels an Regierungsinstitutionen
und einer Verwaltung. Zunächst sollen Einzelheiten einer Lösung für
die beiden Staaten umrissen werden: wo befinden sich die Grenzen,
wie werden die Beziehungen gestaltet, wie lauten die Absprachen über
Sicherheit, wie wird das Flüchtlingsproblem gelöst?
Wir wollen erst ein Einvernehmen darüber erzielen, und dann auf
der Grundlage der „road map“ die folgenden Schritte gehen bis wir
die letzte Phase der Implementierung erreicht haben. Das ist das
Konzept. Den Teil einer grundsätzlichen Verständigung, der genau
erklärt und definiert werden muß, hoffen wir noch innerhalb des
Jahres 2008 zu erzielen. Wenn Sie mich fragen, ob das im Jahr 2008
erreicht werden kann, lautet die Antwort: ja! […] Ich werde
Konzessionen machen und Abu Mazen [Mahmoud Abbas] ebenfalls. Ich bin
zu Zugeständnissen bereit, aber nicht zu einem Ausverkauf.“
Während Olmert seinen Wunsch nach Verhandlungen mit Syrien
unterstrich, warnte abermals er vor dem Iran als der größten
Bedrohung Israels: „Ich habe klar gesagt und kann wiederholen, was
die wichtigen politisch Verantwortlichen dieser Welt seit einiger
Zeit sagen: ‚Wir können es nicht zulassen, dass Iran eine Atommacht
wird`. Das ist für uns die rote Linie. Israel kann es nicht
hinnehmen, dass Feinde, die wiederholt erklärt haben, sie wollten
Israel aus der Weltkarte radieren, über nicht-konventionelle Waffen
verfügen. Ziel ist es, Iran daran zu hindern, in den Besitz nicht-
konventioneller Waffen zu gelangen. Das hat Vorrang und das liegt in
der Verantwortung der westlichen Staaten: Vereinigte Staaten,
Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, aber auch Russen,
Japaner und Chinesen, aller großen Mächte dieser Welt. Ich glaube,
dass sie die Gefahren erkannt haben. Und ich hoffe, dass sie das
Erforderliche unternehmen werden, um das zu unterbinden.“
Auf die zwei in seinem Büro hängenden Fotos (seiner Frau und des
Tors von Auschwitz) angesprochen, entgegnete Israels
Ministerpräsident: „Für mich als israelischen Regierungschef, der in
Israel geboren wurde, die Geschichte seines Volkes kennt und für
diese Geschichte Sorge trägt, wird der Holocaust immer Teil meines
Bewusstseins bleiben, und dieses während meines ganzen Lebens
schmerzhaft durchdringen. Das war das Schlimmste, was jemals in
einer Gesellschaft geschehen ist. Mir geht es nicht um Zahlen. Ich
weiß nicht, wie viele weitere Opfer es in anderen Ländern in anderen
Kriegen gegeben hat. Ich rede von dem Plan, ein Volk vollständig
auszulöschen.
Dieses Foto habe ich von dem Kommandeur der israelischen
Luftwaffen bekommen. Sie können über Auschwitz drei israelische
Kampfflugzeuge erkennen. Die Botschaft lautet: wären die in den 40er
Jahren dort gewesen, hätte es kein Auschwitz gegeben.
Das andere Foto von meiner wunderbaren Frau Aliza ist ein Beweis
dafür, wie man aus der Tiefe der Verzweiflung, des Schmerzes und des
Elends aufsteigen kann und ein sinnvolles und schönes Leben führen
kann, wie sie das tut. Und ich bin sehr stolz auf sie.“
Das vollständige Interview findet sich unter dem folgenden Link:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/784400/
(Deutschlandfunk, 14.05.08) |
Israels UN-Botschafter Dan Gillerman hat heute eindringlich vor
dem aktuellen Geschehen im Libanon gewarnt. Wenn Israel bisher auch
noch nicht offiziell zu der Situation Stellung genommen hat,
betrachtet man die Entwicklung in Jerusalem doch mit großer
Sorge.
Gillermann sagte u. a.: „Die Situation im Libanon, zwischen den
Syrern und den Iranern, sieht sehr schlecht aus. Die
Sicherheitsratsresolution 1701, die den zweiten Libanonkrieg beendet
hat, wird nicht umgesetzt. Äußerst alarmierend ist, dass der Iran an
unserer Nordgrenze ist, und in gewisser Weise auch an unserer
Südgrenze.“
„Waffen werden an die Hisbollah geleitet, während
der Libanon zerrissen wird und blutet. Dies ist die Fortsetzung
einer 40jährigen Tragödie, von Bürgerkriegen und Übernahmeversuchen
verschiedener Elemente“, bemerkte der Botschafter außerdem und fügte
hinzu: „Die internationale Gemeinschaft sollte handeln, dem Libanon
und der gesamten Region zuliebe, um die gefährliche Verschlechterung
der Lage zu stoppen und die Uhren zurückzudrehen.“
(Yedioth
Ahronot, 14.05.08) |