Von Alexander Jacobson „Was war ihr Eindruck von Israel“ wurde die französische
Staatssekretärin für Stadtentwicklung, Fadela Amara, in einem
Interview der Haaretz gefragt. Die Tochter berberischer Einwanderer
aus Algerien und bekannte Aktivistin für die Rechte von Frauen und
Einwanderern und gegen den extremistischen Islam antwortete: „Ich
habe mich sehr wohl bei ihnen gefühlt. Ich war keinen besonderen
Blicken ausgesetzt, wie Ausländer es oft erleben, ich spürte
keinerlei Rassismus, obwohl ich sicher bin, dass er existiert. Es
gibt bei ihnen alle Farben, so dass es beinahe selbstverständlich
wird, weiß, gelb und braun zu sehen. … Hier in Frankreich ziehe ich
Blicke auf mich. In den Augen der Franzosen bin ich nicht sehr
französisch. Wie leben hier unter einer dominanten Kultur. Wenn du
Francois heißt und blaue Augen hast, ist das eine Sache. Aber wenn
du Fatima heißt und ein wenig Farbe hast, ist der Blick
unterschiedlich. In Israel habe ich dies wegen der Vielfalt nicht
gespürt.“
Nach einer solch schmeichelnden Darstellung der israelischen
Gesellschaft muss freilich ein „aber“ kommen. Immer gibt es ein
„aber“ – ganz bestimmt, wenn von einer Gesellschaft die Rede ist,
die in einen schweren und andauernden nationalen Konflikt verwickelt
ist. Der Gast aus Frankreich erfasste jedoch etwas für die
israelische Gesellschaft und das zionistische Unternehmen
wesentliches: Die reiche ethnische Vielfalt, die der Idee des
jüdischen Staates innewohnt. In einem gewissen Sinne ist die
jüdische Nationalität schon „ethnisch“, wie man – in tadelndem Ton -
zu sagen pflegt: Sie ist nicht identisch mit israelischer
Staatsbürgerschaft. In einem Land, in dem es zwei Völker gibt, als
die sich die Juden und die Araber betrachten, ist die jeweilige
Identität notwendigerweise „ethnisch“, insofern sie nur einen
Teil der Bewohner des Landes repräsentiert (anders, als es in
Frankreich gesehen wird).
Aber es gibt ein recht bedeutsames Paradox in der Definition des
jüdischen Volkes als ethische Einheit. Die zionistische Sichtweise
eines Volkes, das alle jüdischen Gemeinschaften auf der Welt
einschließt (eine Sichtweise, deren modische Opposition gerade von
der Linken kommt), ist sicherlich ein der multiethnischsten und
multikulturellsten in der Geschichte. Wer die Juden aus Polen
und dem Jemen, aus Deutschland und Marokko als Angehörige eines
Volkes betrachtet und auf einer solchen nationalen Basis einen Staat
gründet, verfolgt im Wesentlichen eine multiethnische und
multikulturelle Unternehmung, ganz gleich ob die Beteiligten in
diesen Begriffen denken oder nicht.
Einwanderer
aus Äthiopien
Gerade Herzl war sich dieses Aspekts der von ihm initiierten
nationalen Unternehmung sehr bewusst, wenn er die Definition der
Juden als Rasse ablehnte und sie als Nation definierte – eine
historische Einheit, die sich – wie es bei Nationen üblich ist – aus
verschiedenen ethnischen Komponenten zusammensetzt. Die
ethnisch-kulturellen Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen,
aus denen sich die jüdisch-israelische Gesellschaft zusammengesetzt
hat, waren sehr groß. Dennoch teilten diese Gruppen die Überzeugung,
dass sie zu einem Volk gehören – ob sie sich nun der modernen
zionistischen Version dieser Überzeugung verschrieben, der
traditionell jüdischen oder einer Mischung zwischen beiden. Sie
hatten somit eine gemeinsame kulturelle Grundlage und
Bewusstseinsbasis – das Rezept für erfolgreiche
Multikulturalität.
Das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Volk schließt nicht
Arroganz und Vorurteile aus. Doch ist dieses Gefühl der primäre
Grund dafür, dass der Staat Israel das erfolgreichste Beispiel der
Integration von Menschen aus Europa und dem muslimischen Nahen Osten
– in einem Verhältnis von grob 50 zu 50 – in der neueren Geschichte
überhaupt darstellt.
Aus einem zionistischen Blickwinkel betrachtet, muss dieser
Erfolg nicht überraschen; schließlich geht es hier nicht um die
Integration von Immigranten aus 70 Ländern, sondern um die Aufnahme
von Neueinwanderern aus 70 Diaspora-Gemeinschaften, die von
vornherein zu einem Volk gehörten. Gerade wer diese ideologische
Sichtweise ablehnt bzw. sich weigert, sie als selbstverständlich
hinzunehmen, wer die Ankunft von Juden in Israel als Immigration und
nicht als Aliyah [Aufstieg] versteht, muss noch viel mehr von dem
Erfolg des israelischen Unternehmens bei der Nationsbildung
beeindruckt sein, ungeachtet ihrer bekannten Schwierigkeiten. Die
Integration von Menschen aus Europa und Menschen aus dem Nahens
Osten in einem solchen Ausmaße ist – was auch immer für ideologische
Definitionen verwendet werden – eine äußerst bemerkenswerte Leistung
in der heutigen Welt.
Es waren die Früchte dieser Leistung – eine Gesellschaft, in der
die Leute ethnische Unterschiede für selbstverständlicher nehmen als
in den meisten Gesellschaften, die sich mit ihrer Offenheit und der
Akzeptanz des Anderen brüsten –, die Fadela Amara in Israel spürte.
Man kann annehmen, dass viele von denen, die sie hier sah, ihrer
Herkunft nach keine Juden sind, sondern nahe oder ferne
Familienangehörige von Juden, die ins Land gekommen und nach dem
Rückkehrgesetz eingebürgert worden sind und dadurch zu einem Teil
der hebräischsprachigen israelisch-jüdischen Gesellschaft wurden.
Auch sie sind heute Teil des israelischen Mosaiks, das den Gast aus
Frankreich beeindruckte. Die Tatsache, dass das israelische Auge an
verschiedene Hautfarben und Gesichter gewohnt ist und das
israelische Ohr an verschiedene Akzente, kommt auch ihnen zu gute.
Wenn der Gast sich mit Nationalismusexperten besprach, haben diese
ihr sicher gesagt, dass die Juden ein Volk sind, dem man sich nur
auf dem Wege einer religiösen Zeremonie anschließen kann. Die
israelische Wirklichkeit erzählt eine andere Geschichte.
(Haaretz, 09.04.08) |
Freiwillige aus Israel werden als offizielle Beobachter die
morgigen Wahlen in Nepal unterstützen. Die israelische
Nichtregierungsorganisation für soziale Gerechtigkeit ‚Tevel
b’Tzedek’ hat ein Team von knapp 30 Wahlhelfern zur Verfügung
gestellt. Ihr geschäftsführender Direktor, Rabbi Micha Odenheimer,
wurde anlässlich dessen am gestrigen Dienstag gemeinsam mit Israels
Botschafter in Kathmandu, Dan Stav, vom nepalesischen
Ministerpräsidenten, G.P. Koirala, empfangen. Die Wahlen werden ein zentraler Test für die Stabilität des
Friedensprozesses sein, der einen Bürgerkrieg beendete, der
mindestens 13 000 Menschenleben forderte. Die zu wählende
Verfassungsgebende Versammlung soll über den zukünftigen politischen
Aufbau des Landes und das Schicksal der Monarchie entscheiden.
Das israelische Team hat im Vorfeld eine intensive Schulung
absolviert. Weitere Wahlbeobachter werden von der UNO, der EU und
dem Carter Center for Peace gestellt.
Israel und Nepal haben 1960 diplomatische Beziehungen
aufgenommen. Die Botschaft in Kathmandu wurde ein Jahr darauf
eröffnet.
(Außenministerium des Staates Israel, 08.04.08) |