Von Itamar Rabinovitch Die Haaretz berichtete diese Woche von einem ungewöhnlichen und
bedeutungsvollen Ereignis: einem Treffen in Hebron zwischen den
jüdischen Gemeindevorstehern der Stadt und etwa 30 palästinensischen
Einwohnern, darunter Vertretern der großen Clans al-Jabri und Abu
Sneineh. Die jüdischen Repräsentanten dankten Sheik Farid Hader
al-Jabri dafür, dass er die Zerstörung eines illegalen Außenpostens
verhindert hatte, in dem eine Synagoge errichtet worden war. Einige
der palästinensischen Teilnehmer wurden im Vorfeld des Treffens
zwecks Verhörs zum Kommandanten der Palästinensischen
Autonomiebehörde (PA) in Hebron bestellt, und die al-Aqsa
Märtyrerbrigaden verurteilten sie auf eigens aufgehängten Plakaten
als Kollaborateure. Al-Jabri rechtfertigte das Treffen in einem
Radiointerview mit der Machtlosigkeit der PA.
Das Treffen in Hebron war außergewöhnlich, aber nicht einmalig.
In den vergangenen Monaten sind im Westjordanland zwei Prozesse im
Gange, die mit der Reihe von Schlägen zusammenhängen, die die PA hat
einstecken müssen, darunter der Sieg der Hamas bei den Wahlen, die
Machtergreifung der Terrororganisation im Gaza-Streifen, ihr Erfolg
beim Durchbruch der Abriegelung Gazas und der andauernde Stillstand
der Verhandlungen mit Israel. Der erste ist eine Macht- und
Initiativverschiebung von der Zentralregierung hin zu lokalen
Machtfaktoren (Clans, Würdenträger, Kaufleute) und örtlichen
Behörden, der zweite ist die Bereitschaft eben dieser zum Gespräch
mit israelischen Instanzen (Siedler, Geschäftsleute), um konkrete
Probleme vor Ort zu lösen. Diese Prozesse sind selbstverständlich
auf das Westjordanland begrenzt; im Gaza-Streifen herrscht die Hamas
mit harter Hand.
Jene Entwicklungen sind ein Symptom der tiefen Krise, in der sich
die palästinensische Nationalbewegung befindet. Diese Bewegung wuchs
Mitte der 60er Jahre unter der Führung Yassir Arafats und der Fatah
aus der Krise heraus, in die sie nach 1948 hineingeraten war. Sie
gelangte nach einem beinahe 30 Jahre langen Kampf zur gegenseitigen
Anerkennung mit Israel und erreichte die Errichtung einer autonomen
Regierung im Westjordanland und im Gaza-Streifen – mit guter
Aussicht darauf, die Palästinensische Autonomiebehörde in einen
palästinensischen Staat zu verwandeln.
Der Kollaps der Verhandlungen über ein Endstatusabkommen Ende
2000 und die Intifada, die danach ausbrach, schwächten die
Institutionen der PA sehr, und Arafat hinterließ bei seinem Tod eine
zerkrümelte Nationalbewegung. Die einseitige Lösung, die Ariel
Sharon zuerst in Gaza umzusetzen begann, legte die Grundlage für die
Trennung zwischen dem Gang der Entwicklungen im Westjordanland und
dem im Gaza-Streifen und die Machtübernahme der Hamas in letzterem.
Die Herausforderungen, vor die die Hamas den säkularen
palästinensischen Nationalismus stellt, sind vielfältig. Auf der
einen Ebene ist da die tagtägliche politische und militärische
Herausforderung, die eine effiziente und brutale Organisation für
eine schwache Nationalbewegung darstellt. Auf einer anderen Ebene
handelt es sich um die Erzielung von Superiorität der islamistischen
Gemeinschaft über die national-säkulare. Sollte die Hamas die
Fatah in die Knie zwingen, wäre dies nicht nur der Sieg einer Partei
über eine andere, sondern die Ablösung einer Weltsicht durch eine
andere, grundsätzlich verschiedene.
Die Hamas ist keine Partei innerhalb der palästinensischen
Nationalbewegung, sondern der palästinensische Flügel der
Muslimbrüderschaft. Im regionalen Kontext schöpft die Organisation
Inspiration und Motivation aus dem Schwung des Irans und der
Hisbollah – sowohl bei dem Bemühen, islamistischen Staaten und
Gemeinschaften den Weg zu bereiten, als auch in der totalen
Ablehnung der Idee des Kompromisses und einer politischen Einigung
mit Israel.
In Anbetracht des Treffens in Hebron und ähnlichen
Veranstaltungen muss man sich vor dem falschen Zauber hüten, der von
Teilen der israelischen Öffentlichkeit als „Gelegenheit“ aufgefasst
werden könnte, die palästinensische Nationalbewegung - die sich
wahrlich schwer damit tut, denjenigen etwas zu ‚zurückzugeben’, die
noch immer einen historischen Kompromiss und eine
Zwei-Staaten-Lösung wollen – endgültig zu zerstückeln, und die
gegenwärtige Regierungspolitik für ein System von Arrangements mit
lokalen Kräften einzutauschen.
Es gibt Vorläufer für eine Haltung dieser Art, sowohl im
israelisch-palästinensischen Kontext als auch in der gesamten
Region. Zur Zeit des britischen Mandats pflegte die zionistische
Führung ein verzweigtes System von lokalen Führern, die den „Mufti“
und die Führung der palästinensischen Nationalbewegung
verabscheuten. Ein Teil dieser Übereinkünfte wirkte noch zur
Zeit des Unabhängigkeitskriegs fort und hinterließ seine Spuren auf
der Landkarte des Staates (wie z.B. Abu Gosh).
Ein ähnlicher und relativ erfolgreicher Versuch wird heute auch
im Irak unternommen. Den USA ist es in den vergangenen Monaten
gelungen, sowohl ihre Position als auch die allgemeine Lage im Irak
erheblich zu verbessern – u.a. durch die Zusammenarbeit mit
Stammesführern gegen Al-Qaida. In beiden Fällen liegen der
Zusammenbruch einer Zentralregierung und die Bereitschaft lokaler
Instanzen vor, mit demjenigen gegen radikale islamistische Elemente
zusammenzuarbeiten, der gestern noch als fremder Besatzer galt, um
ein Minimum an Ruhe und Stabilität zu erzielen. Der entscheidende
Unterschied liegt darin, dass die USA sich selbst als jemanden
betrachten, der Ordnung schaffen und dann aus dem Irak abziehen
will, während Israel in der Region als jüdischer und demokratischer
Staat weiter existieren möchte.
Die Spaltung zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland,
die Erosion der Palästinensischen Autonomiebehörde und die
Kooperation mit lokalen Machtfaktoren sind Komponenten einer
Politik, die für alle attraktiv ist, die den Status Quo beibehalten
wollen. Wer jedoch die Fortdauer der Erstarrung als gefährlich für
Israel betrachtet, da er die Option der Zwei-Staaten-Lösung
hintertreibt, wird sich von dieser Haltung distanzieren und die in
ihr steckende Gefahr sehen. Mit den Herausforderungen von Hamas und
Gaza-Streifen gilt es umzugehen; mit örtlichen Machthabern und
kommunalen Kräften im Westjordanland ist auf alle Fälle
zusammenzuarbeiten. Aber Israel darf nicht ohne einen legitimen und
effektiven Partner für einen historischen Kompromiss zwischen zwei
Nationalbewegungen zurückbleiben.
Itamar Rabinovitch war Botschafter des Staates Israel in den
USA und Präsident der Universität Tel Aviv.
(Haaretz, 15.02.08) |
Etwa 66% aller israelischen Studenten gehen parallel zu ihrem
Studium einer Lohnarbeit nach. Das geht aus einer neuen Studie der
Bank of Israel und des Zentralamts für Statistik hervor, deren
Ergebnisse noch nicht offiziell veröffentlicht worden sind. Die Beschäftigungsrate von Studenten in Israel wird dabei im
Vergleich zu anderen Ländern als sehr hoch bewertet. Während des
ersten Jahres an der Universität arbeiten ca. 52% der Studenten, im
zweiten Jahr sind es dann bereits 64%. Die wirkliche
Beschäftigungsrate liegt vermutlich noch um einiges höher, da die
Studie nur besteuerte Arbeitsverhältnisse berücksichtigt.
Die häufigsten Jobs für Studenten zwischen 20 und 29 Jahren, die
einen BA-Studiengang absolvieren, liegen in den Bereichen Verkauf,
Gastronomie, Sicherheit und Servicedienstleistungen. Etwa 35% der
Studenten arbeiten in diesen Sektoren.
Der israelische Student arbeitet durchschnittlich 30 Studenten in
der Woche. Etwa 40% arbeiten gar mehr als 40 Stunden. Wie aus der
Studie hervorgeht, wird die Studiendauer durch die Arbeit jedoch
kaum beeinflusst.
(Haaretz, 18.02.08) |
Die israelische Währung wird bald ein neues Gesicht zeigen – und
zwar buchstäblich. So hat die Bank of Israel entschieden, die
Banknoten des Shekels bis 2001 grundlegend umzugestalten. Außerdem
soll es in Zukunft einen 500-Shekel-Schein geben. Die erste Entscheidung der Bank ging dahin, die Bilder früherer
Präsidenten und Ministerpräsidenten durch Abbildungen zu ersetzen,
die „Israel repräsentieren“. Dazu gehören Landschaften, historische
Stätten und prominente Figuren des gesellschaftlichen und
kulturellen Lebens.
Ein
Auslaufmodell? - Der frühere Ministerpräsident Moshe
Sharett
Berichten zufolge hat die Bank ein spezielles Ratgeberkomitee
einberufen, das entscheiden soll, welche Israelis sich zur
Verewigung auf Geldscheinen anbieten. Zu den in Erwägung Gezogenen
gehören der Astronaut Ilan Ramon, die Songschreiberin Naomi Shemer
und Jerusalems mythischer Bürgermeister Teddy Kollek.
Die Entscheidung zur Ersetzung der alten Banknoten rührt aus drei
Gründen her, die über die vergangenen Jahre evident geworden sind:
der Notwendigkeit einer Erneuerung der Scheine nach jahrzehntelangem
Gebrauch; der Vorsorge gegen Geldfälschung – die neuen Banknoten
werden mit raffinierteren Vorkehrungen ausgestattet sein -; und der
Anpassung an globale Trends.
(Yedioth Ahronot,18.02.08) |