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Schädlingsbekämpfung als Schritt zum Frieden
Zu einer Zeit, da Gespräche über ein Abkommen zwischen Israel und
der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) wie ein Traum klingen
und Atomtechnologie normalerweise im Zusammenhang mit dem Iran und
dessen nuklearer Aufrüstung erwähnt wird, sorgt ein Projekt für
Optimismus, in das eine kleine schädliche Fliege und die
Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) verwickelt sind.
Die Fliege trägt den Namen Ceratitis capitata, zu deutsch:
Mittelmeerfruchtfliege. Sie ist verantwortlich für große,
grenzüberschreitende Schäden an Obst und Gemüse. Was die IAEO
angeht, so ist die Verhinderung der Zunahme von Atomwaffen nur eine
ihrer Aufgaben. Die Organisation setzt sich auch in verschiedenen
Ländern dafür ein, nukleares Know-how für friedliche Zwecke zu
nutzen.
In dem erwähnten Projekt, das von der IAEO geleitet und
finanziert wird, kommen Wissenschaftler und Politiker aus Israel,
Jordanien und der PA sowie in naher Zukunft womöglich auch aus
Syrien zusammen, um einen biologischen Feldzug gegen die Fliege zu
führen. Die israelische Körperschaft, die die finanzielle und
technische Unterstützung von Seiten der IAEO vorrangig koordiniert,
ist die Israelische Atomenergiekommission (IAEC). Von Zeit zu Zeit
erhält die IAEC Fördermittel und technische Unterstützung für
israelische Institutionen, Organisationen und Wissenschaftler, die
an Forschungsprojekten arbeiten, in denen nukleares Know-how für
eine verbesserte Landwirtschaft oder die Entwicklung medizinischer
Technologien eingesetzt werden. Der größte Stolz der IAEO ist dabei
die Vernichtung der Mittelmeerfruchtfliege. Die Partner der IAEO
in diesem Projekt sind die US-amerikanische Merck-Stiftung, die
Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen und die
Landwirtschaftsministerien Israels, Jordaniens und der PA. Das
Projekt wird in Form von zwei Teilprojekten durchgeführt. Eines
dieser beiden wird von Israel, Jordanien und der PA realisiert. Das
andere sieht eine Kooperation mit Staaten in Ostasien und weiteren
Staaten des Nahen Ostens vor – unter ihnen Syrien. Syrische
Vertreter haben an den vorbereitenden Gesprächen teilgenommen und
keine Einwände hinsichtlich der Anwesenheit israelischer
Repräsentanten geäußert.
Bereits seit einem Jahrzehnt sucht man nach Wegen, das schädliche
Insekt zu vernichten. Zunächst konzentrierte man sich auf die
üblichen Vernichtungsmittel, wobei schon diese Bemühungen gemeinsam
von Israel und Jordanien durchgeführt wurden. Später hat man dann
mit Hilfe der IAEO biologische Vernichtungsmittel aus dem Ausland
importiert. Seit Neuestem konzentrieren sich die Bemühungen nun auf
eine israelische Erfindung, die die männliche Mittelmeerfruchtfliege
mit Hilfe atomarer Strahlung unfruchtbar macht. Die entsprechende
Technik wurde von Bio-Bee Biological Systems im Kibbutz Sde Eliyahu
entwickelt. Die Firma hat sich auf die Produktion von natürlichen
Feinden für landwirtschaftliche Schädlinge und von Bienen für die
Befruchtung von Feldfrüchten spezialisiert. Die internationale
Kooperation und die Zuschüsse der IAEO haben es Bio-Bee ermöglicht,
ein Verfahren zu entwickeln, in dessen Verlauf die männliche
Mittelmeerfruchtfliege sterilisiert wird. Moshe Weiss, dem Leiter
der Schädlingsbekämpfungsabteilung des israelischen
Landwirtschaftsministeriums, zufolge, werden immer wieder Flugzeuge
eingesetzt, um Millionen steriler männlicher Mittelmeerfruchtfliegen
zwischen Rotem Meer und Totem Meer auszustreuen, sowohl auf
israelischem als auch jordanischem Gebiet. Die weiblichen Fliegen
versuchen sich dann mit den unfruchtbaren männlichen Fliegen zu
paaren. In der nächsten Phase des Projektes werden die sterilen
Fliegen über dem Gebiet von Beit She’an und im Jordantal sowohl in
Israel als auch in Jordanien und der PA ausgestreut.
„Dies ist eine willkommene Kooperation“, sagte Mary
Bahdousheh, die Leiterin der Schädlingsbekämpfungsabteilung des
jordanischen Landwirtschaftsministeriums, gegenüber einer
IAEO-Delegation während eines kürzlich stattgefundenen Besuches.
„Als wir in den 1990er Jahren mit dem Projekt begannen, hing eine
große Wolke des Misstrauens und gegenseitiger Verdächtigungen über
uns. Doch in den letzen Jahren haben sich die Kooperation und die
gute Kommunikation mit Israel wirklich ausgezahlt.“
Die Hauptnutznießer des Projektes sind natürlich die Landwirte.
Ihre Ernteerträge wachsen, ohne dass sie weiter chemische Pestizide
verwenden müssen. Der Export nimmt zu, insbesondere angesichts der
Tatsache, dass sich in den letzten Jahren viele Länder geweigert
haben, Produkte aus Ländern zu importieren, in denen die
Mittelmeerfruchtfliege beheimatet ist. Bauern in der Region Arava
haben die strengen Einfuhrbestimmungen europäischer Länder und der
USA durch dieses Projekt bereits überwinden können und setzen ihre
Produkte nun auch auf diesen Märkten ab.
(Ha’aretz, 01.05.07)
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