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 (5) Die Abenteuer
von Shimon Peres in Katar
Fühlt sich zuhause: Peres war auf dem Markt von Doha unterwegs
und begrüßte die Menschen mit „sabah al-cher“
Die Abenteuer von Peres in Katar: traf sich mit dem Emir und
sprach mit Studenten aus der ganzen Welt
Katar
Doha. Das Restaurant „Fischmarkt“ in Doha ist weit davon
entfernt, einem Markt zu gleichen. Das Fisch- und
Meeresfrüchtebuffet macht Appetit, die Salate sind wunderbar, der
Service ausgezeichnet und die teuren Preise machen den Ort zu einem
Luxus-Restaurant. Doch der wirkliche Bonus beginnt gegen 23:00 Uhr.
Die Sängerin Hala kommt auf die kleine Bühne und sorgt bei einer
Reihe von Männern in Galbiyot und Kafiyot für offene Münder. Sie
trägt ein rotes, sehr gewagtes Kleid, was Britney Spears in ihren
besten Tagen wie ein bescheidenes Mädchen aussehen lässt.
Hala tanzt zu den Klängen eines Liedes, das die berühmte
libanesische Sängerin gesungen hat und auf der Stirn der katarischen
Männer, die bereits einige Gläser Alkohol geleert haben, bildet sich
kalter Schweiß. Einer geht zu ihr und verteilt Geldscheine, Rial,
die örtliche Währung.
Hala, die bereits merkt, wie das Publikum, das hauptsächlich aus
Männern besteht, sie mit sehnsüchtigen Blicken verfolgt, bewegt sich
immer schneller. Die ganze Zeit sitzt vor ihr ein Mann, der
aussieht, als ob man ihn aus einem Hollywood-Film über die
arabischen Sheikhs hierher geholt hat. Er speist dort alleine,
lächelt sie an und winkt dem Kellner mit einem Finger zu, sein
Martini-Glas noch mal zu füllen. Er trägt einen riesigen
Diamantenring und wendet seinen Blick von Hala nicht ab. Zum Schluss
wirft Hala ihren Kopf von einer Seite zur anderen, schüttelt ihr
langes Haar und verlässt dann die Bühne. Das Publikum bleibt von dem
kurzen Auftritt enttäuscht zurück.
„Der Sheikh“, so zeigt sich, stammt von dort und ist der Direktor
einer großen Diamantenfirma in Katar. Es gibt nicht viele
Einheimische in dem kleinen Golfstaat. Nur ein Viertel aller
Einwohner sind Katarer, alle anderen Gastarbeiter: Bauarbeiter aus
dem Fernen Osten, Kellner aus dem Nahen Osten, Hightech-Angestellte
aus Europa und den USA und auch einige israelische Journalisten, die
den Besuch des Vize-Ministerpräsidenten Shimon Peres begleiten.
Vergnügungsstätten wie der „Fischmarkt“ gibt es nicht viele. Die
meisten Restaurants befinden sich in den großen Hotels, richtige
Diskotheken gibt es nicht, und es ist so, wie A., die seit drei
Jahren in Katar lebt, sagt: „Alles in allem ist das eine langweilige
Stadt.“
Kafiya und Sonnebrille
Die populärste Vergnügungsstätte ist ein riesiges Einkaufszentrum
namens Center City, in dem es eine Mischung aus Geschäften gibt, die
westliche Labels, wie auch exklusive Produkte aus Katar anbieten.
Das Einkaufszentrum wird in den Mittagsstunden von katarischen
Jugendlichen überschwemmt. Sie tragen die traditionelle Galbiya mit
Kafiya und dazu moderne, teure Sonnenbrillen. Die jungen Frauen
tragen Kleider und die meisten verhüllen ihre Gesichter und ihre
Haar mit einem Hijab, lassen nur den Augen einen Spalt frei für die
Sonnenbrillen. Das Einkaufszentrum ist ein „kleines Katar“ für den
ausländischen Besucher: seltener Treffpunkt der örtlichen
Islam-Anhänger, Wahhabiten und der westlichen Konsumkultur.
An der Promenade, um das exklusive Einkaufszentrum herum, gibt es
Wolkenkratzer, die größtenteils unbewohnt sind. Sie wurden als
Bürohäuser gebaut, doch in Doha gibt es noch nicht genug Büros. Die
Wolkenkratzer, wie das Einkaufszentrum, sind Teil des baulichen
Aufschwungs, der 1995 begann, als der heutige Emir, Hamad Bin
Khalifa Al-Thani, seinen Vater vom Thron gestoßen hatte und die
Erdölpreise anstiegen. Der Thronfolger, Tamim Bin Hamad, baut immer
mehr Stadien. Sein Traum ist, dass Katar im Jahr 2016 die
Olympischen Spiele austragen wird. Gleichzeitig investieren der Emir
und seine Gattin, Sheikha Musa, Milliarden Dollar in die Erziehung
und die Hochschulbildung der Staatsbürger.
Nicht weit vom Stadtzentrum entfernt wird seit einigen Jahren ein
Universitätszentrum gebaut, das mehrere Universitätsgelände umfasst,
wobei jedes von einer anderen Universität in den USA betrieben wird.
Gestern trafen sich sechzig Schüler in der Fakultät für
Politikwissenschaften der Universität Georgetown (in der ganzen
Einrichtung gibt es ca. 800 Schüler), mit dem Mann, der der nächste
Präsident des Staates Israel werden könnte, Shimon Peres.
Kein Alkohol auf dem Campus
Die jungen Studenten waren nach dem Treffen mit Peres sehr
bewegt. „In den USA hätten wir bestimmt nicht eine solche
Gelegenheit bekommen, den israelischen Vize-Ministerpräsidenten zu
treffen“, so Loa, die aus Texas gekommen ist, um in der katarischen
Filiale von Georgetown zu lernen. Sie läuft auf dem Campus mit ihrer
Freundin Britney herum, die ebenfalls aus Texas kommt. Sie sind 19
Jahre alt, sehen aus, wie aus einem amerikanischen Mode-Katalog, mit
langem blonden Haar und blauen Augen. Nach ihren Worten ist das der
beste Ort zum Studieren. „Stimmt, hier betrinkt man sich nicht und
man feiert nicht jeden Freitag und Samstag, doch für jemanden, der
sich mit Politik beschäftigen will, ist das Studienprogramm richtig
spannend. Es gibt hier in der Schule 60 Schüler aus 22 Staaten“, so
die beiden.
„Man kann zu Ausflügen mit dem Jeep in die Wüste fahren, die
Strände sind wunderbar“, sagen sie noch. Nach ihren Worten spüren
sie sich nicht zu einem bestimmten Dresscode verpflichtet, „aber wir
werden nicht im Bikini auf den Campus kommen, wie wir es auch in dem
konservativen Texas nicht machen würden“. Eine andere Freundin von
ihnen, Lovna, ist nach dem Treffen mit Peres verärgert. „Meine
Eltern sind Syrer aus Halab, aber meine Großmutter ist in Yaffo
geboren. Die meisten meiner Freunde sind Palästinenser, die in Katar
leben und er [Peres] hat uns keine überzeugende Erklärung dafür
gegeben, warum die Menschen in Palästina keine Freiheit genießen
können.“
Gegen Abend war Peres bei einem Sonderprogramm auf dem Campus zu
Gast, in dessen Rahmen er die Fragen von ca. 200 Studenten aus Katar
beantwortete. Der Student Tim Sebastian traktierte Peres mit einer
Reihe von Fragen über die Ausweitung israelischer Siedlungen.
Langsam wurde Sebastian müde, während Peres weiter über den Frieden
sprach. Sebastian versuchte noch Peres mit der Frage über seine
Kandidatur zur Präsidentschaft zu provozieren, doch Peres machte
einfach weiter: „Israel will Frieden mit seinen Nachbarn.“
Am Ende des Tages besuchte Peres den iranischen Markt in der
Stadt. Er betrat einen der Läden, als es draußen schon dunkel war
und sagte zu dem Verkäufer, was sich wie eine Zeile aus „erez
nehederet“ [israel. Satire-Sendung] anhörte: „sabah al-her“ [arab.,
guten Morgen]. Einer der Korrespondenten verbesserte ihn eilig:
„masa al-her“ [guten Abend]. Aber vielleicht war das kein zufälliger
Ausrutscher. Während die Journalisten und Delegationsmitglieder
erschöpft aussahen, hatte Peres gute Laune, sah aus, als ob der Tag
erst begonnen hätte. (Haaretz.co.il, 31.1.07)
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