(1) Rede von MP Olmert in der
Knesset, 16. Oktober 2006
Auszüge aus der Rede von MP Ehud Olmert
anlässlich der Eröffnungs-Sitzung der Knesset nach der Sommerpause –
16. Oktober 2006 (Foto:
GPO)
Ich begrüße die Knessetabgeordneten und die verehrten Gäste, die
gekommen sind, um an der Eröffnungs-Sitzung der Knesset nach der
Sommerpause teilzunehmen. Für viele im Staat ist dieser Tag ein
Festtag für die israelische Demokratie. […] lasst uns unser Handwerk
tun, auf angemessene und ehrenhafte Weise. […]
Die Grundsätze meiner Regierung sind allen offen gelegt. Es
besteht nicht die Absicht, sie zu ändern. Jede Fraktion, die dem
Abgeordnetenhaus angehört und sich selbst für bereit hält, Partner
bei der Umsetzung in die Tat zu sein und nicht nur bei Gesprächen
von den Bänken der Opposition aus, ist eingeladen Partner zu sein.
[…]
Im Laufe der Winterperiode werde ich auf eine breite
parlamentarische Beschlussfähigkeit hinarbeiten, um eine
Änderung im Regierungssystem in Israel und die Einführung einer
Verfassung herbeizuführen sowie das politische System zu
stabilisieren.
Es darf nicht sein, dass die Situation mangelnder
Regierungsstabilität, Regierungsunfähigkeit und der Unfähigkeit,
langfristige Entscheidungsprozesse einzuleiten, permanent
andauert.
In der Palästinensischen Autonomiebehörde regiert zurzeit eine
Hamas-Regierung. Leider erfüllt diese Regierung nicht ein Minimum
der Bedingungen, die die internationale Staatengemeinschaft gestellt
hat. Ihre Erfüllung würde ihr ermöglichen, ein potentieller
Verhandlungspartner zu werden. Solange die Hamas-Regierung versäumt,
den Staat Israel anzuerkennen, solange sie die unterzeichneten
Abkommen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde
nicht akzeptiert und umsetzt, solange sie die Gewalt nicht beendet
und nicht gegen den Terrorismus vorgeht, die Angriffe auf unsere
Orte im Süden eingeschlossen, können wir keinen Dialog mit ihr
führen. Wir, genauso wie die internationale Staatengemeinschaft,
können keine Kompromisse über diese Bedingungen eingehen.
Wir haben keinen Moment lang unseren Soldaten Gilad Shalit
vergessen. Gilad wird heimkehren. Uns ist klar, dass das
palästinensische Volk und die palästinensische Führung nicht
dasselbe sind. Wir sehen einen deutlichen Unterschied zwischen der
Hamas-Regierung und dem Präsidenten der Palästinensischen
Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, der die drei Bedingungen
akzeptiert, die die Mehrheit der Staatengemeinschaft vereinbart
haben. Abbas ist ein legitimer Partner; wir stehen in ständigem
Kontakt mit ihm und mit seinen Mitarbeitern, und ich bin bereit, ihn
sofort zu treffen, um darüber zu sprechen, wie wir einen Weg finden
können, um gemeinsam nach dem internationalen Friedensplan (roadmap)
und den darin enthaltenen Stufen voranzukommen.
Der Staat Israel hat wiederholt seine Bereitschaft gezeigt, in
Frieden und guten nachbarschaftlichen Beziehungen mit dem
palästinensischen Volk zu leben. Wir wollen nicht, dass das
palästinensische Volk noch mehr leiden muss. Im Gegenteil. Wir
ziehen eine blühende palästinensische Gesellschaft vor, frei von
humanitärer Bedrängnis – eine Gesellschaft, die wirtschaftlichen
Wohlstand genießt und mit dem Staat Israel kooperiert.
Ich glaube von ganzem Herzen, dass diese Wirklichkeit möglich
ist. Das palästinensische Volk muss eine tiefe interne Entscheidung
treffen: ob sie die Chance ergreifen sollten, eine gesunde und
starke Gesellschaft zu werden und die traurige Wirklichkeit, in der
sie leben, zu überwinden. Die Verantwortung für diese Situation
tragen alleine sie, und es liegt allein in ihrer Verantwortung,
diese Entscheidung zu treffen.
[…] Wir wollen und wir beabsichtigen nicht, die Palästinenser
ewig zu kontrollieren. […]
Wir haben in dieser Legislaturperiode bedeutende Errungenschaften
erzielt: militärisch ist es uns gelungen, die Hisbollah schwer zu
treffen und die verzweigte Anlage, die die Organisation mit Hilfe
des langen Arms des Iran und Syriens aufgebaut hat, zu stören.
[…]
Politisch wurden Bedingungen geschaffen, die zur Resolution 1701
geführt haben, in deren Rahmen sich die libanesische Armee nach mehr
als dreißig Jahren an der Grenze mit Israel aufgestellt hat. […]
Was uns betrifft und was die gesamte Welt betrifft, so hat die
Hisbollah aufgehört, als Staat im Staate Libanon zu existieren. Die
Resolution 1701 legt fest, dass es im Libanon nur eine Staatsgewalt
gibt, die der libanesischen Regierung.
Ich möchte dieses Podium nutzen, um von hier den libanesischen
Ministerpräsidenten Fouad Siniora aufzurufen, sich mit mir direkt zu
treffen und nicht mit Hilfe von Vermittlern, um einen Frieden
zwischen uns und dem Libanon zu schließen. Ich weiß, dass er sich in
einer schwierigen Lage befindet: innen – bei dem Versuch, die
Hisbollah zu schwächen, und von außen – bei dem Versuch der
syrischen Regierung, ihn zu stürzen. Israel kann ein natürlicher und
ernsthafter Partner für eine Frieden fördernde Regierung im Libanon
sein.
Das Leiden, das den Bewohnern des Libanon zugefügt wurde, wie
auch den Bewohnern Israels, verpflichtet uns beide,
Ministerpräsident Siniora und mich, das Misstrauen und die Vorteile
hinter uns zu lassen, und zusammen einen Kanal der direkten
Verständigung zu finden, um unseren Völkern den Frieden zu
bringen.
Wir haben die entführten Soldaten Eldad Regev und Ehud Goldwasser
nicht vergessen und werden sie nicht vergessen, und wir werden uns
weiterhin unermüdlich dafür einsetzen, dass sie nach Hause
zurückgebracht werden.
Zwanzig Jahre sind vergangen und dem Staat Israel ist es nicht
gelungen, Ron Arad nach Hause zu holen. […]
Wir haben die übrigen Vermissten nicht vergessen und werden sie
nicht vergessen, und wir werden weiterhin alles tun, um sie zurück
nach Israel zu holen. […]
Der Iran überlistet die Internationale Staatengemeinschaft,
greift zu Verzögerungen und versucht Zeit zu gewinnen, um sein
gefährliches Atomprogramm abzuschließen.
Die iranische Bedrohung ist eine Bedrohung für die Existenz
Israels, eine Bedrohung für die Existenz des Friedens in der
Welt.
Israel arbeitet mit der Internationalen Staatengemeinschaft
zusammen, um diese Bedrohung zu beseitigen. […]
Die internationale Staatengemeinschaft muss fest entschlossen,
klar und eindeutig in ihren Maßnahmen sein. […]
Israel ist an einem Friedensabkommen mit Syrien interessiert.
Doch Frieden macht man mit jemandem, der dem Terror entsagt und
keine Kommandanturen von Terrororganisationen beherbergt.
Frieden schließt man mit jemandem, der die strategische
Entscheidung getroffen hat, die gemäßigte Linie zu unterstützen und
nicht bei der Aufrüstung einer Terrororganisation behilflich zu
sein, die die Stabilität der Region bedroht.
Wir werden keinen Frieden schließen können mit jemandem, der mit
einem Staat einen Bund geschlossen hat, der öffentlich zur
Vernichtung des Staates Israel aufruft und diesem das Existenzrecht
als jüdischen Staat abspricht.
Israel wird bereit sein, einen Frieden mit dem syrischen
Präsidenten zu schließen, wenn der die echte, strategische
Entscheidung fällt, dem Terror zu entsagen und nicht mit einem
Führer, der die Sprache des Friedens als Taktik benutzt, um die
Aufmerksamkeit der Internationalen Gemeinschaft von anderen ihn
betreffenden Problemen abzulenken.
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