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(1) Rede des Ministerpräsidenten in
Jerusalem, 16. März 2005
Rede
des Ministerpräsidenten Ariel Sharon zu Beginn des gemeinsamen
Treffens mit Staats- und Regierungschefs anlässlich der Eröffnung
des neuen Museums in Yad Vashem
Mittwoch,
16. März 2005
5.
Adar II. 5765
Nach
jüdischer Tradition beginnt der Tag mit dem Abend, bei
Sonnenuntergang, dauert über den Morgen hinaus, und bricht aus der
Nacht hervor, bis zum folgenden Abend. Nach der jüdischen Tradition
befinden wir uns noch in der Mitte des Tages, der gestern mit der
Einweihung des Holocaust-Museums begonnen hat und seine Fortsetzung
findet in der Konferenz, an der Sie heute morgen teilnehmen,
„Remembering the Past, Shaping the Future“.
Für
das jüdische Volk war die Errichtung des Staates Israel selbst wie
ein klarer Morgen, der aus der Schreckensnacht des Holocaust
hervorbrach – und sein Ende bedeutete.
Gestern
erzählte ich Ihnen über Esther Horonchik, ihren Ehemann Nissan und
deren Sohn Richard, die von den Nazis ermordet wurden. Esther hatte
zwei Schwestern und zwei Brüder. Sie alle waren verheiratet und
hatten Familien. Nach deutschem Willen sollten sie alle getötet
werden, und tatsächlich wurden viele von ihnen im Holocaust
ermordet. Aber es gab einige, die überlebten. Einige immigrierten
nach Israel und errichteten hier ihre Heimat.
Hätte
der zweijährige Richard überlebt, wäre er jetzt 65 Jahre alt. Drei
seiner Cousins leben in Israel und sind heute unter uns. Ich habe
sie besonders eingeladen, damit sie bei diesem Ereignis heute Abend
anwesend sind, und sie sind hier – Nelly, Fanny und Francine.
Francine hat eine Tochter, zwei Söhne und drei Enkel. Ihr Sohn
arbeitet im israelischen Außenministerium und ist zur Zeit auf
Entsendung im Kamerun. Der andere Sohn arbeitet für ein Unternehmen,
und die Tochter ist Journalistin.
Fanny,
Dozentin an der französischen Fakultät der Bar-Ilan-Universität, hat
zwei Kinder. Nelly hat 2 Töchter, einen Sohn, 4 Enkel, und ein
weiteres ist unterwegs. Ihre Schwester Solange lebt in Frankreich
und hat 2 Söhne, die nach Israel eingewandert sind. Eines, Daniel,
fiel während seines Armeedienstes. Ihr Bruder Rafael hat 2 Söhne in
Israel: Richard, er wurde nach Richard benannt, der im Holocaust
ermordet wurde, und ist Zahnarzt und hat 5 Kinder; und Emanuel, der
Universitätsdozent für Geschichte ist.
Nelly,
Fancy, Francine und ihre Kinder – sie sind der Staat
Israel.
Die
breite Medienberichterstattung über Israels entschlossenen Kampf
gegen den Terror porträtiert Israel als ein Land, das vollständig
von Krieg überzogen ist. Dieses Bild ist sehr irreführend. Der Kampf
gegen den Terror, zu dem wir genötigt werden, ist nicht der
alleinige Bestandteil unseres alltäglichen Lebens. Das Gegenteil ist
der Fall. Er erlaubt uns, unser Leben zu leben, das wir uns hier
aufgebaut haben – ein schöpferisches Leben, das Wunder auf diesem
kleinen Stück Land hervorgebracht hat. Obwohl wir ein Land mit wenig
Niederschlag sind, ist die israelische Landwirtschaft eine der am
besten entwickelten weltweit, und israelische
Landwirtschaftsexperten werden eingeladen, um landwirtschaftliche
Musterbetriebe in Afrika, Asien und Südamerika
aufzubauen.
Trotz
seines kleinen Ausmaßes ist Israel im High-Tech-Gebiet eines der
führenden Länder der Erde und Mitglied im sehr kleinen Kreis der
Staaten, die Satelliten ins All schicken. Nur 338 Firmen, die am
NASDAQ notiert sind, sind nicht-amerikanischen Firmen. 70 davon sind
israelische Unternehmen, ein Beleg für Israels Listenplatz im
Bereich moderner Technologien.
Israel
wird um seinen hohen Standard im Wissenschaftsbereich beneidet, vor
allem was die medizinische Forschung betrifft. Erst dieses Jahr
haben zwei israelische Wissenschaftler den Chemie-Nobelpreis
gewonnen.
Dieses
Land hat Ingenieure, die als die besten in der Welt betrachtet
werden – aus diesem Grund stellen internationale Größen wie IBM,
Intel, Motorola, Lucent, Sisko und andere sicher, dass ihre
Entwicklungszentren hier in Israel einen Standort
haben.
In
diesem Land ist die Welt der Torah und der Hasidim aus der Asche
wiedererstanden – eine Welt der Yeshivot – die im Holocaust zerstört
worden war und die heute ein Teil des Lebens in Israel ist.
In
diesem Land, in dem während Zeiten des Krieges und auf dem Höhepunkt
grausamer Terroranschläge die Musen nicht verstummten und in dem die
Konzertsäle und Theater immer gefüllt sind.
Und
in diesem Land haben 5 Millionen Einwohner in einem Jahrzehnt eine
zusätzliche Million Bürger integriert, ohne bedeutende Auswirkungen
auf die Gesellschaft – im internationalen Vergleich ein nahezu
beispielloses Unternehmen.
Verehrte
Gäste,
Dieser
Tag, den Sie hier in unserem Land verbracht haben, im Staat des
jüdischen Volkes, aus der Vereinigung mit der Vergangenheit heraus,
- während Sie sich das schrecklichste Verbrechen der Geschichte –
den Holocaust – vor Augen geführt haben, dieser Tag wird sich in
unsere Herzen einprägen. Dafür möchte ich Ihnen danken.
Während
unserer Gespräche waren wir gezwungen, die meiste Zeit über Themen
sprechen, die uns heute betreffen, Probleme in der Region, der Kampf
gegen den Terror und Israels notwendige Verteidigung gegen jene, die
immer noch die Anerkennung seines Existenzrechtes
verweigern.
Ich
hoffe, der Tag wird kommen, wenn wir Zusammenkünfte dieser Art
komplett Themen des kulturellen Austausches,
Wissenschaftskooperation, gemeinsamer Projekte auf dem Gebiet der
Raumfahrt und Umweltschutz widmen können.
Ich
hoffe, dass dieser Tag, mit G-ttes Hilfe, nicht zu weit entfernt
ist. Ich habe die Absicht, alles zu unternehmen, damit dies bald
eintrifft.
Vielen
Dank und allen einen Guten Appetit.
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