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(1) Friedensgipfel zwischen Ariel
Sharon und Mahmoud Abbas in Ägypten
Als gestern General Omar Suleiman, der Leiter des ägyptischen
Nachrichtendienstes, in das Büro des Ministerpräsidenten in
Jerusalem kam, hatte Sharon nicht die geringste Ahnung, dass der
Gast mit einer Einladung des ägyptischen Präsidenten Mubarak
aufwartete. Sharon begann das Gespräch mit einer Lagebeurteilung
bezüglich der Kontakte mit den Palästinensern. Suleiman stoppte ihn
und bat darum, eine Mitteilung machen zu dürfen: „Präsident Mubarak
ist von der Verständigung zwischen Israelis und Palästinensern sehr
ermutigt und möchte Sie und Abu Mazen zu einem Treffen am kommenden
Dienstag in Sharm El Sheich einladen. Der Präsident beabsichtigt
aufgrund der Bedeutsamkeit, die er dem Ereignis beimisst, auch den
jordanischen König Abdallah einzuladen.“
Es wurde vereinbart, dass Sharon und Abu Mazen in einer
gemeinsamen Mitteilung, die auf dem Gipfel in Sharm veröffentlicht
werden soll, die vollständige und absolute Einstellung aller
feindlichen Handlungen zwischen den beiden Seiten verkünden werden.
Diese Erklärung von moralischer Gültigkeit werden die Palästinenser
und Israelis inhaltlich sofort nach ihrer Rückkehr aus Ägypten
verwirklichen müssen. Im Büro des Ministerpräsidenten hatte sich
gestern abend in Hinblick auf eine tatsächliche und nicht nur
erklärte Veränderung in den Beziehungen zu den Palästinensern
vorsichtiger Optimismus ausgebreitet.
Sharon wird Abu Mazen auf dem Gipfel ein Paket von Gesten
unterbreiten, im Rahmen dessen, was man in Israel „Vertrauen
aufbauende Schritte“ nennt, die dazu bestimmt sind, die Chance auf
eine Regelung mit den Palästinensern voranzubringen.
Heute werden ausgewählte Minister über das Gesten-Paket beraten.
Sofort im Anschluss wird es in Jerusalem ein Treffen der Teams des
israelischen Ministerpräsidenten und des Leiters der
Palästinensischen Autonomiebehörde zur weiteren Vereinbarungen
geben.
Auf dem Gipfel wird es ein erstes Treffen zwischen Mubarak und
Sharon geben, seitdem dieser sein Amt in der Regierung angetreten
hat. Die amerikanische Staatssekretärin, Condoleeza Rice, wird am
Sonntag Israel besuchen und sich mit beiden Seiten treffen. Wie es
scheint, werden die Amerikaner nicht aktiv an dem Gipfel in Sharm
teilnehmen.
Die palästinensische Führung brachte gestern ihre Zufriedenheit
in Hinblick auf den Gipfel von Sharm zum Ausdruck. „Der Gipfel wird
eine verpflichtende Gültigkeit für beide Seiten haben“, sagte man in
Ramallah. Doch sei ein weiteres Treffen zwischen Abu Mazen und
Sharon notwendig, um Details der aktuellen Probleme zu besprechen.
(Shimon Shifer, Yedioth Aharonoth)
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(2) Gesten des
guten Willens gegenüber der Autonomiebehörde
Öffnung der Übergänge, Entlassung von Gefangenen und Übergabe der
Verantwortung für Städte in der Westbank
Die Ministersonderkommission soll heute die Empfehlungen der
Sicherheitsinstitutionen bezüglich der Gesten gegenüber den
Palästinensern genehmigen. In den kommenden Tagen werden wieder
Übergänge im Gazastreifen, in Erez und Karni, geöffnet. Dafür
verpflichten sich die Palästinenser im Gegenzug zu strengen
Sicherheitsmassnahmen – unter israelischer Aufsicht – auf der
palästinensischen Seite der Übergänge.
Ausserdem wird die Kommission über die Freilassung von Gefangenen
beraten. Eine Liste der Personen, die freigelassen werden sollen –
Gefangene, „an deren Händen kein Blut klebt“ – wird in diesen Tagen
vom Shabak und dem Justizministerium zusammengestellt.
Es ist davon auszugehen, dass Israel der Autonomiebehörde
stufenweise die Sicherheitsverantwortung für fünf Städte in der
Westbank übertragen wird. Wahrscheinlich folgendermassen: Jericho,
Bethlehem, Ramallah, Kalkiliya und Tulkarm. Die Situation, die nach
der Übergabe in der jeweiligen Stadt vorherrschen wird, wird für die
Übergabe weiterer Städte in die Zuständigkeit der Autonomiebehörde
ausschlaggebend sein. Familienangehörige von Terroristen, die in den
Gazastreifen abgeschoben wodren waren, wird die Rückkehr in die
Westbank genehmigt werden.
Dem Ministerteam gehören Premier Sharon, Mofaz, Aussenminister
Shalom, Finanzminister Netanyahu, der Stellvertretende
Ministerpräsident Ehud Olmert, Shimon Peres und Minister Ramon an.
Nach der Sitzung wird sich Weissglass auf den Weg zu einem Treffen
mit den führenden Palästinensern Muhamad Dahlan, Saib Arikat und
Hassan Abu Libda machen, diesen die Entscheidung übermitteln und mit
ihnen die Vorbereitungen für den Gipfel von Sharm absprechen.
(Ha’aretz)
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(3)
Bundespräsident Köhler spricht vor der Knesset
Bundespräsident Köhler hat im Rahmen seiner Besuchsreise in
Israel am gestrigen Mittwoch eine Rede im israelischen Parlament,
der Knesset, gehalten und seine Zuhörer damit überrascht, dass er
sich für die Möglichkeit im Knesset-Plenum zu sprechen, auf
Hebräisch bedankte. Köhler hielt seine Rede in deutscher Sprache,
was einige Abgeordnete veranlasste, der Sondersitzung fernzubleiben.
Der Knesset-Sprecher Reuven Rivlin (Likud) äußerte dann auch in
seiner Eröffnungsrede die Probleme einiger Abgeordneter, Köhlers
Rede in deutsch zu verfolgen und bezeichnete die Gefühlssituation
dieser Abgeordneten als „nicht einfach“. Zudem bezeichnete er das
Verhältnis zwischen beiden Ländern als „kompliziert, warm und eng.“
Rivlin warnte, dass nach 40 Jahren wieder Hassansprachen und
Verschwörungstheorien in Europa zu hören sind, nicht nur in Europa,
sondern auch in einem deutschen Parlament. Er führte weiter aus,
dass Deutschland Neo-Nazi-Parteien verbieten muss, da kein Platz für
sie in der deutschen Demokratie sein sollte.
Bundespräsident Köhler betonte in seiner Rede, dass „Deutschland
immer an der Seite Israels und seiner Bürger sein werde,“ und
versicherte, dass Deutschland alles tun wird, damit „Israel in
sicheren, international anerkannten Grenzen, frei von Furcht vor
Terror leben kann.“ Außerdem äußerte er nochmals seine Überzeugung,
dass es niemals „Normalität“ im Verhältnis beider Staaten zueinander
geben kann. Köhler erklärte, dass Deutschland jede Form von
Antisemitismus und Rechtsextremismus mutig bekämpfen muss.
Der Vorsitzende der Shinui-Partei, Yosef Lapid, ein Überlebender
der Shoah, sagte, dass er damals, als er aus dem Budapester Ghetto
vor 60 Jahren von russischen Soldaten befreit wurde, niemals gedacht
hätte, dass er eines Tages im Parlament des jüdischen Staates stehen
und den deutschen Präsidenten willkommen hiesse. In Bezug auf die
Deutsche Sprache wies er darauf hin, dass zwar Hitlers „Mein Kampf“
in deutscher Sprache verfasst worden sei, jedoch auch das Basiswerk
des Zionismus, Herzls „Judenstaat“. „Eine Sprache kann man nicht
verantwortlich machen, sondern Jene, die sie missbrauchen“, so
Lapid.
Ariel Sharon sprach in seiner Rede davon, dass es keine Vergebung
dafür geben könne, was das jüdische Volk unter den Händen von
Deutschen erleiden musste. Er forderte Deutschland und Europa zu
einem kompromisslosen Kampf gegen Antisemitismus auf, um zukünftige
Vergehen an Juden zu verhindern. Gleichzeitig dankte er
Deutschland für seinen Einsatz für Israels Sicherheit und der Hilfe
bei der Lösung von Problemen bei der Suche nach vermissten
israelischen Soldaten. (jpost)
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(4) „Das war eine
Rede am richtigen Ort und zur richtigen Zeit“ Gesandter Ilan Mor im
Gespräch mit Claus Heinrich im SWR2
Heinrich: Die Rede des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler
gestern vor der Knesset, war das eine gute Rede?
Mor: Ja, das war eine gute Rede. Das war eine Rede am richtigen
Ort und zur richtigen Zeit.
Heinrich: Ein Teil der Knesset-Abgeordneten wollten ja die Rede
von Horst Köhler nicht hören, weil sie die „Tätersprache“ Deutsch
nicht ertragen. War der Beginn der Rede, die der Bundespräsident in
Hebräisch hielt, eine angemessene Geste?
Mor: Ja, durchaus. Das war eine Geste, die gut in Israel
angekommen ist. Und ich glaube, die Rede – wie ich schon gesagt habe
– war gut. Diejenigen, die nicht dabei waren, haben das Recht so
etwas zu machen. Aber die Mehrheit der Knesset war anwesend. Und
dadurch konnten beide Seiten zu den Beziehungen etwas beitragen.
Heinrich: Köhler sprach ja von der Scham, die er angesichts der
deutschen Schuld an der Shoah empfinde und davon, dass die
Geschichte der Judenvernichtung den nachfolgenden Generationen
weitererzählt werden müsse. Nimmt man deutschen Repräsentanten in
der israelischen Öffentlichkeit grundsätzlich ab, dass solche Worte
mehr sind als Bußrituale?
Mor: Ich glaube schon. Es ist kein Ritual bei uns. Die Shoah, der
Holocaust steht im Hintergrund fast jeden Tag bei uns. Und wenn ein
deutscher Präsident bei uns ist und so etwas darüber spricht. Bei
uns ist es nicht so selbstverständlich.
Heinrich: Der Bundespräsident hat ja auf die Aufforderung von
Ministerpräsident Sharon, Rechtsradikale aus deutschen Parlamenten
zu entfernen, keine direkte Antwort gegeben, vielleicht auch, weil
er gar nicht dazu autorisiert ist, eine verbindliche Antwort zu
geben. Sind Sie etwas enttäuscht darüber?
Mor: Nein, ich glaube, es muss nicht sofort eine Aktion und
Reaktion sein. Die Auseinandersetzung Deutschlands mit den
Rechtsradikalen ist eine innere Angelegenheit Deutschlands. Und wir
in Israel, ich persönlich, bin sicher, dass die Deutschen stark
genug sind, sich mit diesem Phänomen, negativen schlechten Phänomen,
auseinander zu setzen. Deutschland heute, 60 Jahre danach, ist eine
Demokratie, eine starke Demokratie. Und ich bin sicher, dass
Deutschland in der Lage ist, alle Mittel zu finden, um das zu
bekämpfen.
Heinrich: Mehrheitlich sind die Politiker in Deutschland ja
offenbar der Meinung, dass es nicht sinnvoll ist, die NPD zu
verbieten, vielmehr solle man sich mit Rassismus und Antisemitismus
offensiv politisch auseinandersetzen. Auch ein Gebot so zusagen der
offenen demokratischen Gesellschaft. Können denn jenseits der
staatlichen Organe, die Sie gerade erwähnt haben, können die Juden,
die Israelis mit dieser Position leben?
Mor: Das, wie gesagt, das ist eine innere Angelegenheit
Deutschlands. Ich möchte darüber als fremder Beobachter, als Gast
hier im Land, nichts sagen. Aber eines weiß ich: die Demokratie muss
sich verteidigen. Sei es in Israel, sei es in Amerika, sei es in
Europa. Antisemitismus, Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit ist
inakzeptabel. Erziehung ist für mich das allerbeste Prinzip.
Heinrich: Anlass des Besuchs von Horst Köhler in Israel sind ja
40 Jahre israelisch-deutsche diplomatische Beziehungen immer
besondere Beziehungen. Botschafter Stein spricht mittlerweile von
guten Beziehungen. Können es auch irgendwann richtig
freundschaftliche Beziehungen sein?
Mor: Im Grunde genommen gibt es Freundschaft zwischen Menschen
und wir versuchen, das auch zwischen Ländern zu machen. Freundschaft
basiert auf unmittelbaren Begegnungen zwischen Menschen. Die
deutsch-israelischen Beziehungen wurden und sind auch immer von
Jugendaustausch geprägt, so zusagen. Und ich bin der Meinung, dass
wir, Deutsche und Israelis, diesen Jugendaustausch fortsetzen
müssen. Ich war vor zehn Jahren auch in Deutschland tätig. Für mich
als Diplomat ist es das zweite Mal, in Deutschland zu leben, zu
arbeiten, Land und Leute kennen zu lernen, weiter kennen zu lernen.
Es ist ein grundsätzliches Prinzip, dass, wenn die Jugend sich
austauscht, miteinander spricht, wir Vorurteile zerstören können.
Beide Seiten können für die Beziehungen positive Beiträge
leisten.
Heinrich: Der Bundespräsident sprach ja vom Jugendaustausch in
seiner Rede. Er sprach aber auch generell von der
deutsch-israelischen Zusammenarbeit auf wirtschaftlichen, aber auch
auf wissenschaftlichem Gebiet. Welche langfristigen Perspektiven
sehen Sie hier für die deutsch-israelische Zusammenarbeit?
Mor: Die deutsch-israelischen Beziehungen an sich sind
vielfältig. Deswegen kann ich nicht ein oder zwei Themen auswählen
und sagen, da müssen wir alles daran setzen, um das zu entwickeln.
Aber ich sage anders, ich sage, beide Seiten müssen über alle Themen
in den Beziehungen zusammenarbeiten und gegenseitige Hilfe leisten.
Sei es Politik, sei es Wirtschaft, sei es Wissenschaft, Kultur. Ich
bin der Meinung, dass, wenn wir all diese Themen nennen, wir einen
Rahmen von Guten Beziehungen haben.
(SWR2 Tagesgespräch, Donnerstag, 03.02.2005, 7.14 bis 7.20 Uhr,
Baden-Baden http://www.swr.de/swr2/sendungen/tagesgespraech/archiv/2005/02/03/beitrag.html)
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