(5) Aufruf des Generalstabschefs an alle Offiziere von ZAHAL
Am 22. Dezember 2004 richtete sich der Generalstabschef der israelischen Verteidigungskräfte (ZAHAL) mit folgendem Aufruf an alle Offiziere:
Offiziere,
einer der wichtigsten und grundlegendsten Werte bei den Operationen der israelischen Armee ist die Reinheit der Waffe. Im Geiste von ZAHAL haben wir den Begriff „Reinheit der Waffe“ folgendermaßen definiert:
„Der Soldat wird seine Waffe und seine Kraft einzig und allein zur Durchführung seiner Aufgabe nutzen, und nur in dem Maße, das von ihm verlangt wird. Er muss seine Menschlichkeit auch im Kampf bewahren. Der Soldat wird seine Waffe und seine Macht nicht benutzen, um denjenigen, die nicht am Kampf beteiligt sind, und Gefangenen etwas anzutun. Er wird alles unternehmen, um ihrem Leben, Würde und Besitz keinen Schaden anzurichten.“
In letzter Zeit gibt es eine öffentliche Diskussion in der israelischen Gesellschaft und in ZAHAL um Fragen über Umsetzung der Kampfethik und der Grundsätze der Reinheit der Waffe durch ZAHAL. Daher habe ich es für nötig gehalten, mich an Sie, Offiziere und Soldaten von ZAHAL, zu wenden, und zu dieser Problematik der Werte Stellung zu nehmen.
Seit mehr als vier Jahren befindet sich ZAHAL in einem schweren Kampf gegen den Terror. Wir verzeichnen zahlreiche Erfolge und vereiteln viele Versuche, Bürgern unseres Landes und Soldaten zu schaden. Die Armee wird nicht nur an ihren Erfolgen gemessen, sondern auch wie sie ihre Ethik und die Pflicht zum Kämpfen miteinander vereinbart, um die Werte von ZAHAL und des Staates Israel zu wahren.
Im Rahmen dieser öffentlichen Diskussion fragt man, ob es Verfahren zur „Tötungsbewahrheitung“ gibt. Ich beziehe mich nicht auf eine bestimmte Affäre oder einen spezifischen Fall. Die Klärung solcher Fälle ist nur im Rahmen einer Untersuchung des verantwortlichen Kommandos und in bestimmten Fällen sogar durch Ermittlungen und gerichtlichen Verfahren möglich.
Es ist wichtig zu betonen, dass der Begriff „Tötungsbewahrheitung“, um nicht über seine Umsetzung zu sprechen, dem Grundsatz der Reinheit der Waffe und den Werten von ZAHAL widerspricht, und darum gibt es dafür keinen Platz in ZAHAL. Und wenn jemand ihn benutzt hat, dann ist es eine untaugliche Verwendung und ist sofort zu unterlassen.
Einer der Grundsätze der Kriegsführung ist, dass man keinem feindlichen Kämpfer, der seine Waffe niedergelegt und sich ergeben hat, etwas antun darf und es ist unsere Pflicht, seine Kapitulation zu akzeptieren. Einem feindlichen Kämpfer, der verletzt wurde und keine Gefahr mehr darstellt, darf nichts angetan werden und muss eine angemessene ärztliche Behandlung erhalten. Einer Person, die sich ergeben hat oder nicht mehr als Kämpfer gilt, darf unter keinen Umständen Schaden zugefügt werden.
Die Waffe darf nur dann benutzt werden, wenn Lebensgefahr für unsere Kräfte besteht oder um diese abzuwenden. Besteht diese Gefahr nicht mehr, darf nicht mehr geschossen werden.
Die „Tötungsbewahrheitung“ ist ein untaugliches Verfahren und ein untauglicher Begriff. Die „Tötungsbewahrheitung“ widerspricht den Werten und den Lehren von ZAHAL und sie muss von Grund auf beseitigt werden.
Es ist die Pflicht eines jeden Soldaten und Offiziers von ZAHAL, die Würde der Toten zu wahren, auch wenn es sich um eine Person handelt, die sich gegen unsere Armee eingesetzt und gekämpft hat und selbst wenn es sich um den Schlimmsten unserer Feinde handelt. So müssen wir handeln, und so müssen wir unsere Untergebenen erziehen.
Die Aufgaben, die vor uns stehen, sind schwer und komplex, und manchmal sogar aufreibend. Trotz allem dürfen wir unsere Sinne nicht abstumpfen lassen. Wir müssen den Geist von ZAHAL und seine Werte mit allen Mitteln wahren. Der Sieg wird nur erreicht, wenn wir besonnen sind und all dies und die Ethik, die den Grundsatz für unsere Einsätze darstellen, streng bewahren. Es gibt keine starke Sicherheit ohne starke Werte.
Mögen wir wissen zu siegen und menschlich bleiben.
General Moshe Ya’alon
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