Ministerpräsident Ariel Sharon hat jetzt mehrere Möglichkeiten in Hinblick auf die Abstimmung im Rahmen der Kabinettsitzung am Sonntag über den Abkopplungsplan. Damit ergeben sich auch mehrere Möglichkeiten, wie das Ergebnis der Abstimmung am Ende aussehen könnte. Werden Benyamin Netanyahu, Silvan Shalom und Limor Livnat am Ende die Kompromissfassung akzeptieren, welche die Ministerin Zipi Livni initiiert hatte? Könnte es sein, dass die Abstimmung am Ende trotzdem scheitert? Wird Sharon für den Plan eine Mehrheit in der Knesset erreichen können? Wie werden die „rebellischen“ Knessetmitglieder des Likud wählen?
Folgende Szenarien sind möglich:
Entlassung von Avigdor Liberman und Benny Elon
Sharon schickte den Ministern der Nationalen Union Liberman und Elon heute morgen ihr Entlassungsschreiben, um die Regierungsmehrheit für die Genehmigung des stufenweisen Abkopplungsplans zu erzielen.
- Netanyahu, Shalom und Livnat akzeptieren den Kompromiss von Livni und unterstützen den Abkopplungsplan. Der Plan wird von der Regierung genehmigt.
- Netanyahu, Shalom und Livnat lehnen den Kompromiss ab und weigern sich inständig, den Plans in seiner neuen Form zu unterstützen. Trotzdem wird der Plan von der Regierung durch den Vorsprung von einer Stimme (11 gegen 10) genehmigt, was der Entlassung der Minister der Nationalen Einheit zu verdanken ist.
- Wegen eines Streits bei Mafdal, stimmt Minister Eitam gegen die Genehmigung des Plans und Minister Orlev stimmt dafür. Mafdal verlässt die Regierung nicht. Sharon bleibt eine Koaltion von 61 Knessetmitgliedern.
Mafdal verlässt die Regierung
Nach der Genehmigung des Abkopplungsplans durch die Regierung entlässt Sharon entweder die Minister, die gegen den Plan gestimmt haben oder die Minister von Mafdal legen aus Protest gegen die Entlassung der Minister der Nationalen Union ihre Ämter nieder. Der Regierung bleiben noch 19 Minister.
- Sharon schließt seiner Regierung an Stelle von Mafdal und der Nationalen Union die Arbeitspartei an. Einige Mitglieder der Arbeitspartei weigern sich, der Koalition beizutreten (darunter Avraham Burg, Amir Peretz und Yoli Tamir). Die neue Zusammensetzung der Regierung Sharon wird genehmigt. Die Koalition setzt sich aus nationalkonservativem Likud, sozialdemokratischer Arbeitspartei und bürgerlich-säkularer Shinui zusammen. Das sind 76 Knessetabgeordnete „auf dem Papier“, da einige Abgeordnete der Arbeitspartei die Bildung einer Koalition nicht unterstützen.
- Sharon schließt seiner Regierung die Arbeitspartei und die Partei „Yahadut Hathora“ an (an Stelle von Mafdal und der Nationalen Union). Shinui ist zu einer Regierung mit Yahadut Hathora bereit. Die Koalition umfasst 81 Knessetmitglieder.
- Sharon schließt seiner Regierung die Arbeitspartei und die ultraorthodoxen Parteien „Shas“ (sephardisch) und „Yahadut Hathora“ (aschkenasisch) an. Die bürgerlich-säkulare Shinui verlässt die Regierung. Die Koalition umfasst 77 Knessetmitglieder.
- Sharon stößt wegen einer Meinungsverschiedenheit bezüglich der Koalitionsgespräche und der Ämterverteilung auf Schwierigkeiten bei Verhandlungen mit der Arbeitspartei. Nun umfasst seine begrenzte Regierung (nach der Entlassung der Minister von Mafdal und der Nationalen Union) nur noch 55 Knessetmitglieder. Wegen Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit der Arbeitspartei schließt er der Regierung die Shas-Partei und die Yahadut Hathora an. Die Shinui-Partei verlässt die Regierung und er verfügt über eine Koalition von nur noch 56 Knessetmitgliedern, was einer Minderheitenregierung entspricht, die nicht funktionieren kann.
- Mafdal und die Nationale Union verlassen die Regierung, die Opposition kann 61 Knessetmitglieder rekrutieren, die Sharon ihr Misstrauen aussprechen. Die Opposition muss ihrerseits einen Kandidaten für die Regierungsbildung aufstellen. Innerhalb von zwei Tagen muss der Präsident die Zusammensetzung einer neuen Regierung festlegen.
Sharon will die Knesset auflösen
Sharon teilt dem Präsidenten mit, dass die Knesset mehrheitlich der Regierung widerspricht und daher die Regierung nicht mehr ordnungsgemäß funktionieren kann. Sharon bittet um das Einverständnis des Präsidenten, die Knesset aufzulösen. Gibt der Präsident sein Einverständnis, kommt es zur Auflösung (die Verfügung tritt 21 Tage nach Veröffentlichung in den Protokollen in Kraft) und man bereitet sich auf Neuwahlen innerhalb von 90 Tagen vor.
- Der Präsident löst die Knesset auf, 61 Knessetmitglieder bitten (im Laufe von 21 Tagen nachdem Sharon seine Amtsniederlegung eingereicht hat) den Präsidenten, den Knessetabgeordneten mit der Regierungsbildung zu beauftragen, das sich dazu bereit erklärt hat (z.B. Benyamin Netanyahu). Der Präsident hat hierauf keinen Einfluss. Er muss innerhalb von zwei Tagen Netanyahu mit der Regierungsbildung beauftragen. Ihm stehen 28 Tage für die Regierungsbildung zur Verfügung (mit der Möglichkeit einer Verlängerung um zwei Wochen).
- Der Präsident löst die Knesset auf, es gibt keine Ersatzregierung, es gibt Neuwahlen. Das Knessetmitglied, das vom Präsidenten mit der Regierungsbildung beauftragt wird, hat keinen Erfolg oder der Antrag der 61 Knessetmitglieder wird gar nicht gestellt oder die Knesset spricht der Regierung, die ihr vorgestellt wird, nicht ihr Vertrauen aus. In diesem Fall kommt es innerhalb von 90 Tagen zu Knesset-Neuwahlen.
- Sharon unterrichtet die Regierung über seine Absicht, sein Amt niederzulegen und reicht dem Präsidenten sein Rücktrittsschreiben ein, die Knesset wird aufgelöst. Der Präsident berät sich mit den Knessetfraktionen in Bezug auf den von ihnen bevorzugten und gewünschten Ministerpräsidenten und teilt innerhalb einer Woche mit, wer mit der Sache beauftragt wurde. (Walla)