Auszüge aus einer Analyse von Amos Harel, Haaretz, 20.01.2004
Englische Version: http://www.haaretz.com/hasen/pages/ShArt.jhtml?itemNo=384756&contrassID=2&subContrassID=1&sbSubContrassID=0&listSrc=Y
Selbst in einer Zeit, da Damaskus Erklärungen zum Frieden abgibt, versucht die Hizbullah, die Region in eine neue Eskalation zu ziehen. Während die Bulldozer der israelischen Verteidigungsarmee (IDF) gestern dabei waren, ein Minenfeld gegenüber der Ortschaft Zarit zu räumen, war der israelische Geheimdienst Shin Bet damit beschäftigt, die Verschwörer einer Zelle von Selbstmordattentätern von Samaria nach Israel hinein zu verfolgen. Und während die Bemühungen, einen neuen Terroranschlag zu verhindern, erfolgreich waren, wurde weiter oben im Norden ein israelischer Soldat durch eine Panzerabwehrrakete, die die Hisbullah auf einen der IDF-Bulldozer abgeschossen hatte, getötet, und ein weiterer wurde verwundet.
In letzter Zeit hat es in der Region eine Menge interessanter Entwicklungen gegeben. Die am besten bekannte ist die Äußerung des syrischen Präsidenten Bashar Assad über seine Bereitschaft, Verhandlungen mit Israel aufzunehmen und die gründliche Überlegung der Scharon-Regierung, wie man auf diesen Vorschlag reagieren solle. Doch es ist auch wichtig, eine andere Äußerung vom vergangenen Sonntag zu veröffentlichen. Der Vorsitzende des nationalen Sicherheitsrates im Iran, Hassan Ruhani, sagte, wenn Israel sich aus dem Gebiet der Shaba-Farmen an der libanesischen Grenze zurückzieht, hätte die Hizbullah keinen Grund mehr, gegen Israel zu operieren. Deshalb war die gestern abgefeuerte Rakete auf Jerusalem gezielt, jedoch wurde sie in Teheran und in Damaskus gehört. Während die zwei Schirmherren der Hizbollah, Syrien und Iran, daran arbeiten, mit ihrem neuen strengen Nachbarn im Irak, den USA, zurecht zu kommen, kämpft die Hizbullah anscheinend um ihr Überleben.
In den nächsten Tagen wird Israel die Verbindung zwischen der Hizbullah, als einer Terrororganisation, und Damaskus hervorheben, insbesondere im Licht des israelischen Rückzugs aus dem Libanon im Jahr 2000 an die international anerkannte Grenze, und damit auch im Licht seines absoluten Respekts vor der libanesischen Souveränität. Premierminister Ariel Scharon wird fortfahren, seine Linie zu vertreten, die er in den letzten Regierungssitzungen präsentiert hat, und argumentieren, der gestrige Raketenangriff bei Zarit weise auf Syriens düstere Absichten hin. Es wird faszinierend sein, Assad und Hizbollahführer Hassan Nasrallah zu beobachten. Wird Assad Nasrallah und seiner Organisation, die sich für das Raketenfeuer verantwortlich zeigte und sich nicht hinter irgendeiner kleineren Organisation versteckte, Rückendeckung geben? Oder wird das syrische Staatsoberhaupt mit Nasrallah aneinander geraten, weil dieser Syrien in etwas hinein gezogen hat, das Assad nicht wollte?
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Die Situation näherte sich vor dem Hintergrund einer palästinensischen Verbindung am nächsten der Grenze der Eskalation, als vor zwei Monaten Aktivisten des islamischen Dschihad in Dschenin zwei Selbstmordattentäter zu einem Anschlag nach Israel schickten. Eines der potentiellen Ziele sollte eine Schule in der Ortschaft Yokne‘am sein. Der Anschlag, der direkt vom Büro des islamischen Dschihad in Damaskus befohlen und gepriesen wurde, konnte vereitelt werden. Hätte er statt gefunden, hätte Israel massiv gegen Syrien reagiert.
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Für die Hizbollah war der gestrige einzelne Raketenabschuss ein brillanter Schritt. Die Landminen sind auf der libanesischen Seite des Zauns, jedoch sehr nahe an der Grenze gelegen. Die IDF steht bezüglich der Räumung der Minen einem Dilemma gegenüber. Sie muss in Kauf nehmen, dass ihre Patrouillen beim Räumen entweder an der Grenze oder über der Grenze hinweg verletzt werden. In der Minute, in der die Grenze überschritten wird, kann die Hizbollah behaupten, die IDF verletze libanesische Souveränität und kann dementsprechend handeln. Und genau dies geschieht.
Zwei der talentiertesten Offiziere sind an der Nordfront stationiert: Brigadegeneral Ya’ir Golan und Oberst Tamir Yad’ai. Vor etwa einem Jahr verhinderte Yad’ais Wachsamkeit eine größere Tragödie. Er änderte die Befehle für die Patrouillen bezüglich des Betretens der Gegend von Zarit. Dadurch wurden durch die Explosion einer Mine nur drei Soldaten verletzt und keiner getötet. Ein Minenfeld zu räumen ist kompliziert und kann nicht improvisiert werden. Das Kommando Nord wird herausfinden müssen wie die Abwehr durchdrungen werden und wie die Hizbollah einen wunden Punkt finden konnte, der hätte vorhergesehen werden müssen. (AL)