Newsletter der Israelischen Botschaft in Berlin
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Mittwoch, 20. August 2003

(1) SELBSTMORDATTENTAT IN JERUSALEM
(2) DER TERRORIST RA'ED ABDEL-HAMID MASQ
(3) INTERNATIONALE REAKTIONEN
(4) DIE ISREALISCHE REAKTION
(5) AUGENZEUGENBERICHTE
(6) KOMMENTAR
(7) PALÄSTINENSISCHE GEWALT UND TERROR SEIT DER ERKLÄRUNG DER "HUDNA" AM 29. JUNI 2003

(1) SELBSTMORDATTENTAT IN JERUSALEM
Mindestens 20 Menschen wurden am Dienstagabend getötet und über 140 verletzt, als sich ein palästinensischer Selbstmordattentäter in einem Jerusalemer Egged-Bus der Linie 2 nach Har Nof, im Stadtteil Shmuel HaNavi, in die Luft sprengte. Der vollbesetzte Bus war an der Klagemauer in der Altstadt gestartet. Unter den Fahrgästen befanden sich viele Familien und rund 40 Kinder und Kleinkinder. 48 Menschen befinden sich noch in Jerusalemer Krankenhäusern. Zwölf befinden sich in schwerem Zustand, vier davon sind Kinder. Die radikalislamischen Terrororganisationen Hamas und Islamischer Jihad übernahmen die Verantwortung für die Tat. Bei dem Attentat handelt es sich um den bisher schwersten Anschlag auf einen Bus seit Beginn der Gewaltwelle vor drei Jahren.

Der Sprengsatz des Attentäters war mit 5 kg Sprengstoff geladen, darunter kleine Eisenkugeln, die die Sprengkraft der Bombe verstärkten. In dem Bus befanden sich vor allem Jerusalem Familien, die vom Abendgebet an der Klagemauer zurückkehrten und Kinder, die in der Nähe an diesem Tag ihre Bar-Mizwa gefeiert hatten. (Rundfunk der Israelischen Armee, Galei Zahal)

(2) DER TERRORIST RA'ED ABDEL-HAMID MASQ
Der Selbstmordattentäter Ra'ed Abdel-Hamid Masq kam aus Hebron und gehörte zum Kern der dort operierenden Gruppe des Hamas, Iz a-Din Al-Qassam. Nach Angaben aus Hebron war Ra'ed Abdel-Hamid Masq ein enger Freund von Mohammed Sidr, aktives Mitglied des Islamischen Jihad, der in der vergangenen Woche bei einem Verhaftungsversuch durch die Explosion seines Versteckes, in dem auch Munition lagerte, getötet wurde. Die Frau des Selbstmordattentäters teilte der Nachrichtenagentur AP mit, sie empfinde keine Trauer über den Tod ihres Mannes, vielmehr habe er sein ganzes Leben lang davon geträumt, als Shahid zu sterben.

Nur kurze Zeit nach der verheerenden Explosion gingen beim TV-Sender der Hisbollah ,Al Manar' und bei verschiedenen Nachrichtenagenturen Bekenneranrufe ein. Die Anrufer gaben sich als Mitglieder des bewaffneten Arms des Islamischen Jihad aus und übernahmen die Verantwortung für den Anschlag. Zur selben Zeit veröffentlichte der Hamas eine Video-Aufnahme mit einem Mann, der sich selbst als Ra'ed Abdel-Hamid Masq ausgab. In der Aufzeichnung kündigte der Mann seine Absicht an, ein Selbstmordattentat auszuführen und damit den Tod eines Führers der Gruppe an Israel zu rächen. Hamas-Sprecher Abd Al-Asis Rantisi sagte, der Anschlag sei eine legitime Reaktion auf die israelischen Maßnahmen, fügte aber hinzu, die Organisation sei der Hudna weiter verpflichtet.

Das palästinensische Kabinettsmitglied Sa'eb Erekat stritt am Morgen Berichte ab, nach denen er gesagt haben soll, dass Yasser Arafat grünes Licht für den Anschlag in Israel gegeben habe: "Dieses Gerede ist eine alte Platte, und Ihr solltet aufhören, sie immer wieder zu benutzen", sagte Erekat in einem Interview mit dem Armeeradio Galei Zahal. Nach seinen Worten habe Arafat den Anschlag verurteilt, und er und Mahmud Abbas würden die für die Tat Verantwortlichen vor Gericht stellen. Erekat sagte auch, man müsse bedenken, dass der Attentäter aus Hebron kam, einer Stadt, die immer noch nicht der Sicherheitskontrolle der Palästinenser unterstehe. (Rundfunk der Israelischen Armee, Galei Zahal)

(3) INTERNATIONALE REAKTIONEN
Der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas verurteilte den Anschlag am Dienstag: "Ich möchte meine volle Verurteilung für diese Tat zum Ausdruck bringen. Sie kann nicht dem Wohle des palästinensischen Volkes dienen." Abbas beauftragte seinen Sicherheitsminister Mohammed Dahlan, sofort Ermittlungen in dem Fall einzuleiten. Es müsse ein Ende haben mit den Anschlägen dieser Art, so Abbas. Zu den beiden Terrororganisationen brach Abbas in Folge des Anschlags alle Kontakte ab.

Auch das Weiße Haus verurteile den Anschlag. Die US-Regierung rufe die Palästinensische Autonomiebehörde auf, den Terrorismus zu zerschlagen, sagte ein Sprecher von US-Präsident George W. Bush in Washington.

Bundesaußenminister Joschka Fischer verurteilte den Anschlag aufs Schärfste und erklärte: "Erneut versuchen die Feinde des Friedens, die in den letzten Wochen aufkeimende Hoffnung auf Fortschritte im israelisch-palästinensischen Friedensprozess zunichte zu machen. Ihnen muss entschieden entgegengetreten werden. Ihre Rechnung darf nicht aufgehen. Beide Völker, Israelis und Palästinenser, sehnen sich nach einem Leben in Frieden und Sicherheit. Die politisch Verantwortlichen bleiben aufgerufen, sich mit Nachdruck für eine friedliche Lösung des Konflikts einzusetzen. Der Friedensprozess muss fortgesetzt werden."

(4) DIE ISREALISCHE REAKTION
Infolge des Anschlags hat Israel alle diplomatischen Gespräche mit den Palästinensern sowie den für die kommenden zwei Wochen geplanten Transfer der vier Städte im Westjordanland Jericho, Qalqilyah, Ramallah und Tulkarem unter palästinensische Sicherheitskontrolle ausgesetzt. Die Israelischen Verteidigungskräfte IDF sagten alle für diesen Dienstag und Mittwoch vorgesehenen Gespräche mit palästinensischen Vertretern ab.

Zusätzlich riegelten die IDF das Westjordanland und den Gazastreifen von Israel vollständig ab und errichteten Sperren um die wichtigsten palästinensischen Städte. Erst am Dienstag hatte Israel weitere wirtschaftliche Maßnahmen zur Erleichterung der palästinensische Bevölkerung eingeleitet und weitere 200 Einreiseerlaubnisse nach Israel für Händler aus Nablus ausgestellt.

Der israelische Polizeichef Shlomoh Aharonischqi ordnete eine erhöhte Sicherheitsstufe für Israel (Stufe C) an. Anschläge wie die vom Dienstag müssten mit allen Mitteln verhindert werden, sagte Aharonischqi.

Ministerpräsident Ariel Sharon soll noch am Mittwoch mit dem Sicherheitskabinett zusammentreffen, um über die Art und Weise der militärischen Reaktion zu beraten. Diese werde "zurückhaltend und gemäßigt" ausfallen, langfristig werde Israel jedoch am Friedensprozess festhalten, hieß es am Nachmittag im israelischen Rundfunk.

Außenminister Silvan Shalom sagte: "Ich habe schon immer davor gewarnt: Die Waffenpause ist eine Zeitbombe. Die Palästinenser sind nicht bereit, die terroristische Infrastruktur aufzulösen. So lange die Palästinensische Autonomiebehörde sich wehrt, ihren Verpflichtungen nachzukommen, wie sie die Road Map vorsieht, wird Israel den Prozess nicht fortsetzen. Erst vor wenigen Stunden habe ich dem Generalsekretär der UN Kofi Annan mein Beileid übermittelt und schon haben die Extremisten auch hier wieder einen verheerenden Anschlag ausgeführt. Wir müssen den Terrorismus mit seinen Wurzeln ausreißen, sei es in Bagdad oder in Jerusalem."

(5) AUGENZEUGENBERICHTE
Ezra, ein Augenzeuge, der sich im Bus befand, erzählte: "Wir rannten nach draußen und sahen ein schreckliches Schauspiel. Dutzende von Verletzten schrieen um Hilfe. Einige riefen aus dem Bus, andere lagen auf der Strasse und flehten um Hilfe. Alles war voller Qualm. Auf dem Boden sah ich den leblosen Körper eines Babys".

Ami Ben-Zion aus Bne Brak kam gerade von der Klagemauer zurück: "Ich saß mit drei Kindern im Bus, Shmuel, 9 Jahre alt, Israel, 8 Jahre alt und Yair, 6 Jahre alt. Plötzlich gab es eine Explosion. Zwei der Kinder blieben auf meinen Knien sitzen, aber der älteste Junge verschwand. Ich wusste überhaupt nicht, was geschehen war. Die Kinder holten mich in die Wirklichkeit zurück. Sie fassten mich an der Hand und fragten: "Papa, lebst du?" Ich hob die Kinder hoch und versuchte aus dem Bus zu gelangen. Auf dem Weg trat ich auf Menschen, die im Weg lagen, aber am Ende schaffte ich es, nach draußen zu gelangen. Einige Minuten lang suchten wir einen freien Krankenwagen, der uns ins Krankenhaus bringen konnte".

Einige hundert Meter vom Platz des Anschlags entfernt gab es gerade einen Kongress der Organisation für die Identifizierung von Anschlagsopfern (ZAKA), anlässlich der Einweihung der neuen Rettungseinheit der Organisation. Sicherheitsminister Shaul Mofaz sagte bei der Konferenz: "Die Hudna ist ein empfindliches Gebilde und kann jederzeit zusammenbrechen." Mofaz wünschte den Mitarbeitern der Organisation, dass sie nicht mehr zu Anschlagsorten gerufen werden würden. Nur wenige Minuten später zerstörte die Explosion im Bus all diese Hoffnungen.

"Wir sind zum Anschlagsort geflogen", teilt der Vorsitzende der Organisation, Yehuda Meshi-Zahav, mit. "Ich bin sofort zur mittleren Tür des Busses gelaufen und war geschockt von dem Berg von Leichen, den ich dort vorfand. Ich überprüfte den Puls der Körper, als ich plötzlich ein drei oder vier Monate altes Baby sah, am Leben und gesund. Das war ein kleiner Funken Hoffnung inmitten dieser Hölle".

Leider hatten die wenigsten der Businsassen ein solches Glück, wie das Baby. "Ich begann die Verletzten zu sortieren, als ich ein zwei Jahre altes Mädchen mit schweren Verletzungen fand", erzählt Gilad Bock, einer der ersten Sanitäter, die zum Anschlagsort kamen. "Ihr ganzes Gesicht blutete, doch trotz all der Schnitte, saß sie nur da und weinte. Wir brachten sie in einen Notfallwagen. Zu diesem Zeitpunkt verlor sie das Bewusstsein und ihr Zustand verschlechterte sich. Noch auf dem Weg ins Krankenhaus mussten wir ihr zur Wiederbelebung einen Schlauch in die Luftröhre einführen." (Ma'ariv)

(6) KOMMENTAR
Wiedereinmal ist unser Traum vom Frieden durch einen Selbstmordattentäter zertrümmert worden. Diesmal traf es Gläubige, die von ihren Abendgebeten an der Klagemauer in der Jerusalemer Altstadt kamen. Sicher haben sie geweint: Die herodianischen Steinquader der tausend Jahre alten Klagemauer. Der Anschlag traf die Unschuldigen: Frauen und Kinder, Orthodoxe, die keine Zionisten sind. Ich kann es nicht verstehen, wie sich jemand in einen Bus setzen kann, zwischen lachende Kinder, um sich dann mit ihnen in die Luft zu sprengen. Nur jemand, der durch endlose Hetze zu unendlichem Hass erzogen wurde, kann so etwas tun. Die palästinensische Führung muss sich entscheiden: Für die Gewalt und Hetze der Terrororganisationen oder für den Frieden mit Israel. Israel hat hart daran gearbeitet, einen wahren Frieden im Nahen Osten zu erreichen. Es ist an der Zeit, dass auch die Palästinenser damit anfangen. Wahrer Friede heißt: Nicht nur Worte, sondern auch Taten. Wahrer Friede heißt, Terroristen zu verhaften und sie nicht wieder frei zu lassen, um weitere Menschen zu ermorden. Der Friedensprozess im Nahen Osten ist kein Monopoly Spiel, wo man würfelt und dann die Entlassungskarte aus dem Gefängnis zieht. Wir reden hier über das Leben von unschuldigen Kindern. Um ihretwillen können wir uns mit den Terroristen auf keine Spielereien einlassen. Es ist Zeit, dass die Palästinenser die Terroristen in Ketten legen, anstatt mit Israel um ihre Freilassung aus israelischen Gefängnissen zu feilschen.

(7) PALÄSTINENSISCHE GEWALT UND TERROR SEIT DER ERKLÄRUNG DER "HUDNA" AM 29. JUNI 2003
Seit der Erklärung einer auf drei Monate befristeten Waffenruhe durch palästinensische Terrororganisationen am 29. Juni 2003 wurden 180 Terroranschläge auf israelische Ziele ausgeführt, davon 120 Überfälle mit Schusswaffen. Dabei wurden sechs Menschen getötet und 28 Zivilisten verletzt (ohne die Opfer des Attentats am Dienstag). Hundert Anschläge ereigneten sich in Gaza, 78 im Westjordanland. 40 Anschläge konnten verhindert werden.

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