Newsletter der Israelischen Botschaft in Berlin
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Donnerstag, 10. Oktober 2002


*SELBSTMORDANSCHLAG NAHE BNEI BRAK
*ERZIEHUNGSMINISTERIUM RUFT SCHULEN ZUM GESPRÄCH ÜBER GEWALT AUF
*JORDANIEN ÜBERNIMMT REPARATUR DES TEMPELBERGES
*INTERVIEW MIT BOTSCHAFTER SHIMON STEIN IM SWR2
*NOBELPREIS FÜR DEN ISRAELI DANIEL KAHNEMAN
*HEUTE IM JAHRE X
*DAS WETTER IN ISRAEL
*WECHSELKURSE 
*BERICHTIGUNG




*SELBSTMORDANSCHLAG NAHE BNEI BRAK
Sa′ada Aharon, 71, wurde getötet und mindestens 30 Menschen verletzt, einer davon schwer, als sich am Morgen gegen 8:00 Uhr ein Selbstmordmörder beim Besteigen eines Busses der Linie 87 in die Luft sprengte. Das Attentat ereignete sich unter einer Autobahnbrücke (A 4), wegen ihrer auffälligen Reklame im Volksmund als "Coca Cola Brücke" bekannt, ganz in der Nähe der ultra-orthodoxen Wohngegend Bnei Brak nahe Tel Aviv.

Die Tel Aviver Polizei erklärte im israelischen Radio, der Mörder sei beim Einsteigen zunächst gestolpert, worauf der Busfahrer und ein weiterer Fahrgast zur Hilfe eilten. Als die beiden den Sprengstoffgürtel an seinem Körper entdeckten, hinderten sie ihn zunächst gemeinsam an der Detonation der Sprengladung und ermöglichten den Fahrgästen des vollbesetzten Busses die Flucht. Als die Passagiere einen gewissen Abstand erreicht hatten, flohen auch sie, der Attentäter näherte sich erneut 30 m und sprengte sich dann in die Luft.

Ohne das mutige Einschreiten der beiden Helfer hätten ca 50 Menschen ihr Leben verloren. Viele der Fahrgäste waren junge Soldatinnen und Soldaten. Nach israelischen Quellen wird es in Folge des Anschlages dennoch keine erneuten Massnahmen gegen Yasser Arafat geben. (Ha′aretz)

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Im Laufe einer auf Hamas Mitglieder gerichteten Aktion der IDF in ca 20 Dörfern um Ramallah konnten am Morgen 55 gesuchte Männer festgenommen werden, die meisten von ihnen sind Mitglieder der radikal islamischen Bewegung. Bei einer gross angelegten Durchsuchung einzelner Dörfer konnte eine 15 kg Bombe aufgespürt und zur Detonation gebracht werden. An einer weiteren Stelle im Westjordanland wurden 16 Palästinenser festgenommen. Sie werden verdächtigt, zu Terrorzellen zu gehören, die Terroranschläge in Hebron, Rammallah, Tulkarem und Nablus ausführten.

Im südlichen Gaza Streifen entdeckten Truppen der israelischen Armee einen geheimen Tunnel, der zum Waffenschmuggel zwischen Ägypten und Rafah diente. Ein Soldat wurde bei der Detonation des Sprengstoffes leicht verletzt.

Nach dem Beschuss israelischer Truppen bei Rafah wurden am Mittwoch zwei palästinensische Jugendliche durch Leichtfeuergewehre getötet und 10 verletzt. Nach israelischen Angaben waren die Todesopfer 17 und 20 Jahre alt, nach palästinensischen Angaben 16 und 11, bzw 12 Jahre alt. (Ha′aretz)

Ein palästinensischer Terrorist konnte am Mittwoch beim Eindringen in die jüdische Siedlung Morag im Gaza Streifen gehindert werden, so berichtete das israelische Radio. Eine 100 kg Bombe, die in einem Wasserboiler in Gush Katif versteckt war, wurde entschärft. Nach Angaben von Ma′ariv wurde ein Selbstmordattentäter durch Sicherheitskräfte zwischen Chermesh und Baka El Sharqiya am Mittwoch getötet.

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Unterdessen wurden in den frühen Morgenstunden zwei weitere illegal errichtete Siedlungen im Westjordanland geräumt. Eine davon war bereits bewohnt. Damit steigt die Zahl der geräumten Siedlungen seit Mittwoch auf sechs. Der stellvetretende Verteidigungsminister Shiri Weizman (Arbeitspartei) sagte am Mittwoch, es werde zu weiteren Räumungen von Siedlungen kommen, die ohne Genehmigung der Regierung errichtet wurden.

*ERZIEHUNGSMINISTERIUM RUFT SCHULEN ZUM GESPRÄCH ÜBER GEWALT AUF
Zum ersten mal seit dem Ausbruch palästinensischer Gewalt vor zwei Jahren hat das Erziehungsministerium zum Dialog in Schulen zum Thema israelisch-arabischer Gewalt aufgerufen, so berichtete Ha′aretz. So willl das Erziehungsministerium eine Diskussionsreihe zu kontrovers diskutierter politischer Themen initiieren. Die Diskussionsforen sollen auch auf 140 arabisch sprachige Schulen im Norden Israels und in Haifa ausgedehnt werden und sich thematisch zunächst auf die gewaltsamen Ereignisse zwischen jüdischen und arabischen Israelis im Oktober 2000 konzentrieren. Auf diese Weise soll arabischen Schülern der mittleren und oberen Klassen die Möglichkeit eröffnet werden, ihren Emotionen zu den gewaltsamen Ereignissen der letzten zwei Jahre Ausdruck zu geben, so Ronit Tirosh, eine Vertreterin des Minsteriums am Dienstag. "Der Oktober ist ein Teil einer Reihe von harten Erfahrungen, die die israelische Gesellschaft bezüglich der Beziehung zwischen Juden und israelischen Arabern gemacht hat. Zwölf arabische Staatsbürger und ein jüdischer Staatsbürger wurden in diesem Monat getötet ... Ein Staatskomitee wurde eingesetzt, um die Ereingnisse zu untersuchen. Die erhitzten Gefühle angesichts der damaligen Situation ... sind kompex und beziehen sich auf Vorwürfe anhaltender Vernachlässigung der arabischen Gemeinde." Tirosh forderte Lehrer dazu auf, die Schüler dazu zu ermutigen, "ihrer Wut, Leid, Frust, Enttäuschung und Angst angesichts der Situation Ausdruck zu geben." Die neue Initiative solle Raum schaffen für "eine geordnete Wirklichkeitswahrnehmung, an deren Beschreibung alle, Lehrer, Schüler und Eltern, basierend auf den unterschiedlichsten Standpunkten, teilhaben sollen".

*JORDANIEN ÜBERNIMMT REPARATUR DES TEMPELBERGES
Eine Ausbuchtung in der südlichen Mauer des Jerusalemer Tempelberges soll durch ein Team jordanischer Ingenieure behoben werden. Die Spezialisten inspizierten die hervorstehende Wand am Anfang dieser Woche und beendeten damit einen Jahre langen Streit zwischen israelischen Behörden und dem Islamischen Wakf, so berichtete The Jerusalem Post. Ra′anan Gissin, Mitglied einer Kommission israelischer Spezialisten sagte, es sei in Israels vollstem Interesse, dass die Jordanier die Arbeiten ausführten. Die Entscheidung kommt ausserdem rechtzeitig vor dem Beginn des heiligen islamischen Monats Ramadan in vier Wochen, bei dem Tausende islamischer Gläubiger auf dem Tempelberg erwartet werden. Die Experten glauben, die Ausbuchtung rühre von einer unautorisierten Veränderung durch den Wakf an den Salomonischen Ställen her, die sich genau über der brüchigen Stelle befinden. Der Tempelberg gehört seit 1967 zu Israel, die Verantwortung über das Gelände wurde aber unter Moshe Dayan der arabischen Behörde (Waqf) übergeben.

*INTERVIEW MIT BOTSCHAFTER SHIMON STEIN IM SWR2
In einem Interview mit dem Botschafter des Staates Israel verteidigte Shimon Stein das israelische Vorgehen als Strategie der Abschreckung. Das Gespräch führte Rudolf Geissler:

Die internationale Kritik an der Militäraktion vom vergangenen Montag im Gazastreifen hat Ihr Premierminister mit der Ankündigung quittiert, es werde durchaus weitere Operationen dieser Art im Gazastreifen geben. Ist der Eindruck richtig, dass Ihre Regierung von den Vorwürfen eigentlich ziemlich unbeeindruckt ist?

Unsere Regierung ist ja nur von einer einzigen Sache beeindruckt - leider. Und das ist: von der Tatsache, dass israelische Bürger weiter Ziel von Terroranschlägen sind und deshalb glaube ich, wird diese Regierung, wie auch jede andere verantwortliche Regierung, alles tun, um die eigene Bevölkerung zu schützen.

In Ihren Worten klingt das an, was Mitglieder Ihrer Regierung immer wieder sagen, dass nämlich die Ermahnungen und Ratschläge aus dem westlichen Ausland meist an der Wirklichkeit der Region vorbeigingen. Können Sie genauer sagen, was damit gemeint ist, auf welche Vorwürfe genau sich das bezieht?

Ich glaube, das gilt auch in diesem Fall, den Sie angesprochen haben, Chan Junis. Wir wissen schon seit geräumer Zeit, und wir warnen auch: die Stadt Chan Junis ist ein Zentrum für die Tätigkeit von Terrororganisationen, einschließlich Fatah, aber insbesondere von Hamas. Tagtäglich werden aus dieser Stadt Versuche unternommen, die israelischen Siedler, die israelische Armee dort mit Terroranschlägen zu bedrohen, und in der Tat finden die auch statt. Deshalb haben wir gesagt, dass etwas im Gazastreifen unternommen werden muss, um einigermaßen den Terror drastisch zu reduzieren.

Der Kommentator der israelischen Zeitung "Haaretz" hat nach der Gaza-Aktion mit den 14 Toten und 100 Verletzten die rhetorische Frage gestellt, ob die geplante Festnahme zweier Aktivisten "leichten bis mittelschweren Kalibers die Verwicklung einer Panzertruppe, den Beschuss aus einem Kampfhubschrauber und eine Massentötung rechtfertige"? Ich zitiere hier nur. Wenn diese Frage, die in Israel gestellt wird, mit dem zentralen Einwand sich deckt, der aus dem Ausland kommt, kann man dann noch behaupten, der internationale Protest sei auf den romantischen Abstand zu einer Region zurück zu führen?

Ich möchte hier nicht Stellung nehmen zu einem Artikel oder zu einem Leitartikel in einer israelischen Zeitung, denn in der Tat: in Israel findet auch eine Diskussion darüber statt, was sind eigentlich die Mittel, mit denen man auch Terror bekämpfen muss? Aber ich glaube in dem Fall von Chan Junis, und zwar nicht zum ersten Mal, das ist ein Trend der sich schon seit Jahren fortsetzt und das ist, dass die Terroristen sich hinter der Bevölkerung zu verschanzen versuchen, und leider Gottes fallen manchmal auch unschuldige Zivilisten zum Opfer. Aber im großen Unterschied zu den Terroristen, die ja die Absicht haben, Juden zu töten, weil sie Juden sind, und da sind auch das Ziel die Zivilisten, versuchen wir eigentlich die Terroristen hier zu erfassen, gegen sie Maßnahmen zu ergreifen und manchmal fällt auch Bevölkerung zum Opfer. Das bedauern wir außerordentlich.

Aber wenn es der Tod nicht ist, der Islamisten abschreckt, wie ja die Selbstmordattentate beweisen, was nützt es dann für die Zukunft, worin liegt die Generalprävention bei Ihrem harten Vorgehen? Muss nicht Ihre Regierung ein Interesse daran haben, oder ist das zu sehr europäisch, diese Fragestellung, dass die einfachen palästinensischen Menschen die Demokratie, die Israel im Nahen Osten ja so einzigartig macht, dass diese einfachen Menschen auch heute schon Israel als etwas erleben können, das ihren eigenen bisherigen politisch-gesellschaftlichen Strukturen überlegen ist?

Da frage ich Sie, was ist die Alternative, was schlägt man vor in Europa, was wir tun sollen? Uns bedingungslos zurück ziehen, Zugeständnisse machen und dann was ...? Glauben Sie, dass das als ein Zeichen der Stärke in der Region wahrgenommen wird? Israel hat sich bedingungslos aus dem Libanon im Jahr 2000 zurückgezogen. Von Hisbollah war das eindeutig eine Anerkennung der Schwäche und seit dem gilt es für die Hisbollah Organisationen und für große Teile der palästinensischen Organisationen als Modell für die Zukunft. Wenn Israel nicht die Abschreckung aufrecht erhält in dieser Region, wo Demokratie als Schwäche gilt, dann haben wir langfristig keine Chance zu überleben.

Aber ist nicht die Forderung von Premierminister Scharon, erst müssten alle Selbstmordattentate enden, dann könne wieder verhandelt werden, all zu leicht von nur wenigen Terroristen zu sabotieren?

Lassen Sie zunächst Premierminister Scharon beiseite. Beziehen Sie sich auf den amerikanischen Präsidenten, der in einer Grundsatzrede am 24. Juni eben das gesagt hat, was Minsterpräsident Scharon heute auch sagt. Wir sind hinter der amerikanischen Regierung in der Aufforderung, dass der Terror eingestellt werden muss und zwar drastisch reduziert, man spricht ja auch nicht von 100 Prozent Erfolg ...

...aber Amerika hat die Unverhältnismäßigkeit der Mittel gerade in dieser Aktion ausdrücklich gerügt...

Aber es hat gleichzeitig Verständnis dafür geäußert, das Israel auch Maßnahmen treffen muss, sich zu verteidigen ...

...das ist selbstverständlich...

...für wen?

Ich hoffe für alle Europäer. Aber es geht in dieser Frage um die Verhältnismäßigkeit der Mittel?

Ja die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Wie ich eben sagte, ist für uns das Ziel die Terrororganisationen, die sich hinter Zivilisten und Kindern verschanzen, und da stellt sich die Frage, welche Maßnahmen können wir unternehmen, um die Terroristen zu fassen? Ich glaube jede Regierung tut sich damit schwer, insbesondere eine demokratische Regierung wie Israel, auch sie tut sich damit schwer. Aber man soll ja eben nicht so tun, als ob man glaubt, dass die Bekämpfung des Terrorismus ein Nachmittagsspaziergang ist. Das ist gar kein Spaziergang, und wir wissen und bedauern, dass Zivilisten auch ums Leben kommen. Genauso bedauern wir, dass in diesen zwei Jahren mehr als 600 israelische Zivilisten ums Leben kamen.

*NOBELPREIS FÜR DEN ISRAELI DANIEL KAHNEMAN
Daniel Kahneman wurde gestern der fünfte Israeli, der sich gemeinsam mit seinem amerikanischen Kollegen den Wirtschaftsnobelpreis teilt. Kahneman, 68 Jahre, gewann den Preis für seine Leistungen zur Einbeziehung psychologischer Fragen in den ökonomischen Bereich (Wirtschaftspsychologie). Ausserdem war Kahneman zusammen mit seinem bereits 1996 verstorbenen Kollegen Amos Tversky an der Entwicklung eines Alternativmodells, das als Prospekttheorie bekannt ist, beteiligt. Danach zeigte er, dass menschen komplexe Situationen mit ungewissem Ausgang nicht vollständig analysieren und sich lieber auf Faustregeln oder ihr Gefühl verlassen. Seine Erkenntnisse wendete Kahneman auch auf den Wirtschaftbereich an. Ein besonderes Verdienst hat Kahneman durch seine Forschungen zur Entscheidungen unter Unsicherheit: Menschen entscheiden in wirtschaftlichen Fragen eher nach Eintelfällen und beachten eher selten die Gesamtbilanz ihrer Aktionen, so Kahneman.

*HEUTE IM JAHRE X
1929: Ein Preissturz an der New Yorker Börse leitet die Weltwirtschaftskrise ein und führt zu einer verstärkten jüdischen Einwanderung in die Vereinigten Staaten von Amerika.
http://info.jpost.com/1999/Supplements/JewishHistory/today.cgi

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1952: Ein israelisches Flugzeug brachte hundert junge Schwalben von Wien nach Südeuropa, wo sie in einer warmen Gegend ausgesetzt wurden. Die Schwalben waren in Österreich von der unerwartet frühen Kälte überrascht worden, als sie noch nicht fähig waren, weite Strecken zu fliegen. Zusammen mit tausenden von anderen Schwalben wurden sie vom Tierschutzverein eingefangen und dem Piloten einer El Al Maschine anvertraut. (Allgemeine Wochenzeitung der Juden in Deutschland, 10. Oktober 1952, Jüdische Allgemeine 10.10.2002)

*DAS WETTER IN ISRAEL
Die Vorhersage: Heiter bis wolkig, leichter Temperaturanstieg

Jerusalem: 18-26°C
Tel-Aviv: 22-28°C
Haifa: 22-29°C
Am Toten Meer: 27-34°C
Eilat: 24-34°C

*WECHSELKURSE
1 € - 4,758 NIS
1 £ - 7,519 NIS
1 $ - 4,839 NIS


BERICHTIGUNG: Entgegen unserer gestrigen Meldung hat der ägyptische Staatspräsident Hosni Mubarak nicht die Palästinenser am Ausbruch der Intifada beschuldigt. Die Mitteilung beruhte auf einem unzureichend wiedergegebenen Zitat in der israelischen Presse.


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Dieser Newsletter mit Mitteilungen israelischer Ministerien und Meldungen aus der israelischen Presse wird von der Botschaft des Staates Israel in Berlin/Abteilung Öffentlichkeitsarbeit zusammengestellt. Anmerkungen oder Fragen richten Sie bitte an: botschaft@israel.de


- An- und Abmeldung unter http://liste.israel.de/mailing/ -


Für weitere aktuelle Informationen aus Israel empfehlen wir Ihnen folgende Webseiten:
- Medienspiegel (Israelische Presse) der Deutschen Botschaft in Tel Aviv: http://www.germanemb.org.il/News-Media.asp
- Die Mitteilungen der Israelischen Verteidigungskräfte (eng.): http://www.idf.il/english/news/main.stm
- Newsletter des israelischen Außenministeriums (eng.): http://www.israel.org/mfa/go.asp?MFAH0dho0

© Botschaft des Staates Israel, 2002